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Die Anfänge des "Werkes der Frohbotschaft" liegen sechs Jahrzehnte zurück. Eine Ordens-geschichte über religiösen Untergrund, Freiheiten und die Welt.

Tagsüber haben wir uns in der Kirche nicht treffen können. Da haben wir beschlossen: Jetzt gehen wir in der Nacht beten. Und da sind wir in der Nacht, im Dunklen, ins Kloster gegangen." Die 1914 geborene und 2005 verstorbene Anna Manser erzählt über die Schwierigkeiten, nach der Machtergreifung der Nazis ihren Glauben wie zuvor auszuüben. So traf sich die religiöse Gruppe von Mädchen um Anna Manser "im Untergrund" zum gemeinsamen Gebet. Später, nach den Schikanen und dem Ende der Nazis, wird Anna Manser dem "Werk der Frohbotschaft" in Batschuns beitreten.

Manser gehört zu den zehn Frauen, die im neu erschienenen Buch "vom Aufbruch erzählen. Frauen auf dem Weg zur Gemeinschaft ,Werk der Frohbotschaft Batschuns'", über ihre Jugend im ländlichen Vorarlberg und den Übergang in ein Leben als Ordensfrau auspacken. Die Erinnerungen der ersten Generation von "Frohbotinnen" wurden auf Tonband festgehalten und niedergeschrieben.

Religion im Geheimen

Auch in Vorarlberg sind während der Nazi-Zeit Repressionen gegen die katholische Kirche an der Tagesordnung. 35 Priester werden verhaftet, einige kommen ins KZ; die Priesterschaft wird bespitzelt; verpflichtende Appelle und Feierstunden der Nazis finden vor allem zu den Zeiten statt, zu denen Gottesdienste angesetzt sind; Prozessionen und Bittgänge werden als "konfessionelle Demonstrationen" verboten. In diese Zeit reicht auch das Entstehen der Gemeinschaft "Werk der Frohbotschaft Batschuns" zurück.

Ebenso erfährt man von Cäcilia Mathis' Werdegang in dem Büchlein. Sie hat den "Schott" (die erste deutsche Übersetzung aller offiziellen Messtexte der katholischen Kirche) "absichtlich nicht in der Handtasche getragen sondern offen, damit alle ihn sehen konnten" - eine kleine Subversion, um ihren Glauben zu demonstrieren. Nach dem Zusammenbruch des Nazi-Regimes schließt auch sie sich den Frohbotinnen an.

Viele jener Vorarlbergerinnen, die der 1947 gegründeten Gemeinschaft "Werk der Frohbotschaft Batschuns" beitreten, sind während der Nazi-Zeit im religiösen Untergrund aktiv. Aber nicht alle. Einige werden erst nach Kriegsende mitgerissen. Katharina Kaufmann schildert das neu erwachte Interesse an der Religion nach der Nazi-Herrschaft: "Es gab Kurse über Kurse, überfüllte Kurse. Die Menschen hatten nach dem Krieg einen unglaublichen geistigen Hunger, denn man hatte ja während der Nazi-Zeit kaum religiöse Lektüre erhalten."

Diese Kurse - Einkehrtage, Exerzitien und Ehevorbereitungskurse - finden im Jugendhaus in Batschuns statt. Jenes Gebäude, das die Basis der Frohbotinnen wird. Marianne Rohner, die während des Kriegs daheim bleibt, um ihrer Mutter mit sechs Kindern im Haushalt zu helfen, erzählt: "Erst als der Krieg vorbei war, habe ich mich wieder bewusst um mich selbst gekümmert. Vor allem Exerzitien waren für mich eine Möglichkeit, auf neue Gedanken zu kommen und geistig wieder aufzutanken. Ich wurde auch Helferin innerhalb der kirchlichen Jugendarbeit." Und auf diesem Weg schlittert Rohner in die geistliche Frauengemeinschaft.

Edwin Fasching, der während des Kriegs Seelsorgeamtsleiter in Vorarlberg ist, bringt den Stein fürs "Werk der Frohbotschaft" ins Rollen. Er ist der Gründer der neuen Gemeinschaft und wirbt in persönlichen Gesprächen viele Frauen an. Bei der späteren Frohbotin Aloisia Kalb hat sich das so zugetragen: Als sie mit einer Gruppe junger Mädchen nach dem Besuch der Messe zusammengesessen ist, stellt ihnen Edwin Fasching seine "Idee" vor: Eine Gemeinschaft junger Frauen, ohne Ordenskleid, soll - in sozialen Berufen oder in der Fabrik arbeitend - Menschen begegnen und die Frohbotschaft vermitteln.

"Mitten im Leben" ist ihr Motto, die Mitglieder haben die Option zwischen einem Leben im Kloster oder außerhalb der Gemeinschaft. "Dass man nicht gleich als Klosterschwester erkannt wird, dass man überall hin kann, dass man auch tanzen und zu den Leuten in die Fabrik gehen kann - das lag damals im Trend," erzählt Aloisia Kalb weiter.

"Frauenberufe"

Die Frauen, die der Gemeinschaft beitreten, bleiben vielfach im Elternhaus wohnen, um sich weiterhin um Vater oder Mutter kümmern zu können oder weil sie in der Landwirtschaft mithelfen müssen. Die meisten haben nur die achtjährige Volksschule abgeschlossen, Edwin Fasching animiert jedoch viele angehende Frohbotinnen dazu, eine Ausbildung zur Hebamme, Volksschullehrerin oder Krankenschwester zu absolvieren. In diesen Berufen arbeiten die Frauen auch nach dem Eintritt ins "Werk der Frohbotschaft" weiter.

Die neue Gemeinschaft stößt aber nicht nur auf Begeisterung, sie erntet auch Misstrauen. Manche sprechen verächtlich von einem "Dirndlorden". "Eine solche Gemeinschaft, deren Mitglieder alle draußen in der Welt tätig sind, hat es ja noch nie gegeben", meint eine Frohbotin der ersten Stunde. Inzwischen verdankt Vorarlberg den Frohbotinnen eine Handvoll sozialer Institutionen; und: die Ordensfrauen sind auch in England, Istanbul und Bolivien tätig. Nicht nur ein "Dirndlorden", auch eine Welt-Gemeinschaft schreibt hier Geschichte.

vom Aufbruch erzählen

Frauen auf dem Weg zur Gemeinschaft "Werk der Frohbotschaft Batschuns"

Hg. von Herbert Gassner, Christoph Schindegger, Eva Schmetterer, Susanne Winder. Verlag Die Quelle, Feldkirch 2006. 235 Seiten, brosch., e 18,-

BUCHPRÄSENTATION

Mit der Schauspielerin Karin Mommsen, dem Grazer Altbischof Johann Weber, der Chefredakteuerin der "Welt der Frau", Christine Haiden u.a. Vinomna-Saal, Ringstraße3, 6830 Rankweil (Vbg.) Samstag, 24. Juni, 14.30 Uhr www.frohbotinnen.at

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