Der ungarische Helfer

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"Bild schlägt Text", ist eine der wichtigsten Regeln für Fernsehmacher. Weil Bilder immer einen stärkeren Eindruck hinterlassen, als die Texte dazu. Und generell gilt: "Gefühle schlagen Verstand!" So kommt es, dass unserer Ratio beim Thema Flüchtlinge wichtige Subtexte entgehen. Wäre an der ungarischen Grenze geschehen, was jetzt in Bulgarien geschehen ist - ein Flüchtling ist (nach derzeitigem Ermittlungsstand versehentlich) erschossen worden - der Vorfall wäre eine Headline geworden.

So wie Bulgarien davon profitiert hat, dass im Nachrichtenstrom vieles sang-und klanglos versickert, profitiert jetzt Ungarn. Niemand thematisiert, warum der Grenzzaun zu Kroatien gebaut wurde. Das offizielle Argument: Zur Sicherung der Schengen-Grenzen und als Signal der politischen Stärke an die eigene Bevölkerung. Was an uns vorbeirauscht: Ungarn macht mit seinem Vorgehen Politik in Kroatien. Die sozialdemokratische Regierung Kroatiens steht im Wahlkampf mit der nationalkonservativen HDZ. Die HDZ stellt bereits die Präsidentin. Kolinda Grabar - Kitarovic war unlängst bei Orbán in Ungarn. Man versteht sich gut. Während Orbán und der sozialdemokratische kroatische Premier Milanovic in gegenseitiger Abneigung verbunden sind. Ein Grund: Der Streit um Bestechung bei der Übernahme des kroatischen Mineralölkonzerns INA durch die ungarische MOL. Aber vor allem geht es um die generelle Ideologie. Milanovic fährt im Wahlkampf die "Merkel-Häupl-Linie" der Humanität gegenüber Flüchtlingen. Die HDZ fordert Härte. Mit dem Bau des Grenzzauns macht Ungarn Wahlkampf für die HDZ. Und natürlich gilt auch für Kroatien: Das Land hat genügend ureigene wirtschaftliche und politische Sorgen, die nun im Wahlkampf untergehen. Aber nur, um später wieder umso massiver aufzutauchen. Denn ganz ausschalten lassen sich Texte und Kopf eben nicht.

Die Autorin ist Korresondentin für die ARD in Wien

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