Die Macht steht unter dem Recht

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Wer lädt mehr Schuld auf sich: Derjenige, der gegen ein Gesetz verstößt oder derjenige, der ein schlechtes Gesetz erlässt? Zweiterer natürlich, weil er oder sie den Grund unterminiert, auf dem wir stehen.

"Die legistische Qualität des Gesetzes ist nicht gut, und das ist noch höflich formuliert", sagte Karl Korinek, der Präsident des Verfassungsgerichtshofes, als er das Asylgesetz wegen Verfassungswidrigkeit aufgehoben hat. Schade, dass sich die Richter mit dem Hermelinkragen immer so vornehm ausdrücken müssen. Stimmt schon, diese Zurückhaltung dient der Würde des Gerichts, doch ab und zu sollten Herr Präsident laut poltern. Ansonsten ist nämlich die Gefahr groß, dass die Öffentlichkeit gar nicht bemerkt, was für ein Riesenskandal solcherart Gesetzgebung ist.

Die Macht steht unter dem Recht - dieses rechtsstaatliche Prinzip wurde beim Asylgesetz und nicht nur dort, grob verletzt. "Bewusst verfassungswidrige Gesetze zu beschließen ist keine lässliche Sünde", kritisierte deswegen zu Recht auch Diakonie-Direktor Michael Chalupka. Bei Asyl gehe es nicht um Strafzettel für Falschparker, sondern um Menschenleben.

"Pech gehabt", hat Korinek Vorgänger Ludwig Adamovich bei der Aufhebung der verfassungswidrigen Ambulanzgebühren vor ein paar Jahren zu jenen sagen müssen, die während der kurzen Gültigkeit des Gesetzes bezahlt haben. Pech gehabt, haben auch die Flüchtlinge, die in den letzten fünf Monaten wegen des schlechten Asylgesetzes abgeschoben wurden. Was, wenn einer oder eine dieses Pech mit dem Leben bezahlt hat? Doch hier geht es nicht nur um Flüchtlinge. Hier geht es um das Vertrauen in den Rechtsstaat. Wer einmal, zweimal Pech hatte, verliert das Vertrauen in den Staat, sucht sich seine eigenen Spielregeln. Und irgendwann heißt es dann auch für den Staat: "Pech gehabt."

wolfgang.machreich@furche.at

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