Ganzheitliche Bildung - weltweit

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3.500 Sacre-CÏur-Schwestern sind heute weltweit in Erziehung und Bildung tätig - vom Kindergarten bis zur Universität.

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3.500 Sacre-CÏur-Schwestern sind heute weltweit in Erziehung und Bildung tätig - vom Kindergarten bis zur Universität.

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Alle Absolventen einer Sacre-CÏur-Schule fühlen sich wie eine große Familie", weiß Schwester Laura Moosbrugger, 53, Provinzoberin der "Ordensfrauen vom Heiligsten Herzen Jesu/Sacre CÏur". Sie selbst maturierte in einer solchen Schule und wurde von der Spiritualität und von den Erziehungsmethoden der Sacre-CÏur-Schwestern so begeistert, dass sie mit 19 Jahren dem Orden beitrat. "Der Schwerpunkt unserer Gemeinschaft liegt natürlich in der Bildung, einer Bildung im weitesten Sinne", sagt Schwester Laura: "Unser Ziel ist nicht nur Wissensvermittlung, sondern auch die Bildung des Herzes."

Die Provinz Österreich-Ungarn zählt heute 75 Schwestern, die in zehn Niederlassungen (sieben in Österreich und drei in Ungarn) untergebracht sind. Die meisten von ihnen sind Erzieherinnen - vom Kindergarten bis zur Universität. Es gibt auch Schwestern, die als Pastoralassistentinnen oder in der Verwaltung der Sacre-CÏur-Schulen tätig sind.

Auf Initiative der Europäischen Direktorenversammlung, die jährlich für die Koordination der Erziehungseinrichtungen des Ordens sorgt, entstand die Sacre-CÏur-Webseite im Internet, durch die Sacre-CÏur-Schulen weltweit vernetzt wurden. Die österreichische Seite wird von einer Schwester der Gemeinschaft zusammen mit einem Angestellten der Grazer Sacre-CÏur-Schule Graz betreut.

Magdalena Sophia Barat Dies alles begann vor 200 Jahren mit einer jungen Frau aus der französischen Provinz.

Als Magdalena Sophia Barat zehn Jahre vor der Französischen Revolution geboren wurde, war sie so klein und zart, dass sie vorsichtshalber gleich am nächsten Tag getauft wurde. Sie sollte aber eines der unruhigsten Kapitel der Geschichte Frankreichs überleben und mit 21 Jahre eine Ordensgemeinschaft gründen, die zu ihren Lebzeiten schon 3.500 Schwestern in Europa, Nord- und Südamerika zählte. Heute leben dieselbe Anzahl von Schwester in Niederlassungen des Ordens auf allen Kontinenten und erhalten sogar Universitäten.

Anfangs betreuten die Schwestern die Mädchen der "oberen Schichten". Diese hatten während der politischen Unruhen in Frankreich ihre Eltern und Verwandten auf dem Schafott verloren. Doch bald eröffneten die Schwestern auch Armenschulen, Waisenhäuser oder Bubenschulen für Straßenkinder.

"Wenn unsere Schwestern heute Menschen in Südamerika und in Afrika Lesen und Schreiben beibringen, tun sie es so, dass diese nicht das Gefühl haben, Almosen zu erhalten", erzählt die ehemalige Provinzoberin und heutige Novizenmeisterin, Schwester Hannelore Woitsch, 59.

Schwester Hannelore kennt Sacre-CÏur-Schwestern seit dem Kindergarten: Ihre Mutter, die selbst nicht religiös war, ließ deswegen das Kind taufen, denn der Sacre-CÏur-Kindergarten hatte einen guten Ruf und lag in der Nähe. Nach ihrem Sprachstudium an der Universität Wien, trat Hannelore Woitsch in die Gemeinschaft ein.

"Institut Sacre CÏur" Wie viele andere Ordensgemeinschaften haben auch die Sacre-CÏur-Schwestern Nachwuchsprobleme. Derzeit sind drei junge Frauen aus Ungarn im Noviziat. Aus diesen Gründen wurden 1975 die Sacre-CÏur-Schulen in Wien und in Pressbaum von der Erzdiözese Wien übernommen, die dafür das "Institut Sacre CÏur" gründete. Die Schwestern sind weiterhin in die Führung der Schulen eingebunden; eine Vertreterin der Gemeinschaft ist Mitglied des Institutsvorstands: "Die Sacre-CÏur-Gemeinschaft bietet ein ganzheitliches Konzept von Bildung, das den Menschen auch in seiner religiösen Dimension ernst nimmt", betont die Leiterin des Erzbischöflichen Amtes für Unterricht und Erziehung und Vizerektorin des Instituts, Christine Mann. In den letzten Jahren wurden die Wiener Sacre-CÏur-Schulen sogar erweitert - um eine Volksschule in Pressbaum und um eine als Kooperative Mittelschule geführte Hauptschule in Wien. Die Schulen in Graz (Kindergarten, Volksschule, Gymnasium) und Bregenz (Volksschule, Gymnasium, HLW) werden hingegen auch heute von der Gemeinschaft selbst geführt.

Die Kinder und Jugendlichen, die in den Sacre-CÏur-Erziehungseinrichtungen betreut werden, müssen nicht katholisch sein. Für evangelisch oder orthodox getaufte Kinder werden auch ökumenische Gottesdienste und Religionsunterricht der entsprechenden Konfession angeboten. Auch Lehrer anderer Konfessionen sind an den Schulen zugelassen. "Ein christlicher Hintergrund der Kinder ist erwünscht, weil wir eine christliche Erziehung anbieten", meint Schwester Laura. Sonst könne das Kind in einem inneren Konflikt geraten.

In den letzten Jahren entstand auch eine Laiengruppe, die die Spiritualität der Gemeinschaft mitleben will. Die so genannten "Assoziierten" (Frauen und Männer) wollen die Grundsätze der Gemeinschaft, wie: Achtung vor dem Individuum, vor der Freiheit des Menschen, Weitergabe der Liebe Gottes, in ihrem Alltag verwirklichen. Sie stehen in regem Kontakt mit den Schwestern, beten und feiern mit ihnen und bestimmen in Gesprächen und Diskussionen die weitere Entwicklung der Gruppe. "Diese Gruppe ist noch im Entstehen", meint Schwester Laura. Ob sie die Zukunftsperspektive für das Weiterbestehen der Gemeinschafts anbiete, falls die Ordensbeitritte nach wie vor sinken würden, ließe sich derzeit noch nicht sagen.

Laienbewegung Dennoch hat sich die neue Form in anderen Provinzen, etwa in den USA, schon bewährt. Neben der Schwesterngemeinschaft existieren dort aktive Laiengemeinschaften, die karitativ, aber auch politisch aktiv sind. Rechtsanwältinnen, die der Gemeinschaft nahe stehen oder selbst Schwestern sind, engagieren sich für die Rechte der Flüchtlinge und anderer benachteiligter Bevölkerungsgruppen. Jede der amerikanischen Sacre-CÏur-Schulen hat ein konkretes soziales Projekt, in dem die Schülerinnen und Schüler voll einbezogen sind.

Da hätten die Schulen der Gemeinschaft in Österreich einiges nachzuholen. "Ein Schritt ist schon getan", erzählt Schwester Laura, "Die Schule in Graz bietet ein interdisziplinäres Programm zur Konfliktbewältigung." Die Schülerinnen und Schüler lernen dabei, Konflikte auszutragen und zu lösen. Diese Sonderausbildung kann mit einem Zertifikat abgeschlossen werden. "Schulgruppen aus Wien besuchen Altersheime, um den älteren Menschen dort etwas vorzusingen", ergänzt Schwester Hannelore, "Einige Schüler waren mit ihren Eltern in Rumänien oder in der Ukraine, um die Situation in diesen Ländern kennenzulernen." Vorläufig seien das aber eher Privatinitiativen. Dennoch ist eine Erweiterung des sozialen Bewusstseins der Jugendlichen durch konkrete interdisziplinäre Projekte auch für die österreichischen Sacre-CÏur-Schulen erstrebenswert.

Ehemalige Schülerinnen der Gemeinschaft gründeten noch im vorigen Jahrhundert die internationale Vereinigung AMASC (Association Mondiale des Anciennes de Sacre CÏur), die bis heute besteht. Die ehemalige Schützlinge der Sacre-CÏur-Gemeinschaft organisieren Kongresse und Treffen und unterstützen oft finanziell soziale Projekte der Schwestern.

Informationen über die Gemeinschaft: Provinzialat Sacre CÏur, 1030 Wien, Rennweg 31a, Tel. 01/7131694, Fax -80. Sacre CÏur im Internet: www.sacre-coeur.net Festgottesdienste am Dienstag 21. November,dem 200-jährigen Gründungstag: * 10 Uhr, Stephansdom, Wien,mit Kardinal Christoph Schönborn * 11 Uhr Herz-Jesu-Kirche, Graz, mit Bischof Johann Weber

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