Gegen die panische Angst vor dem Anderen

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Eine erste Adresse für interreligiösen Dialog ist die Kontaktstelle für Weltreligionen der Österreichischen Bischofskonferenz.

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Eine erste Adresse für interreligiösen Dialog ist die Kontaktstelle für Weltreligionen der Österreichischen Bischofskonferenz.

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Die musikalische Umrahmung zum Festakt anläßlich des zehnjährigen Bestehens der Kontaktstelle Weltreligionen (KWR) ist bestens gewählt. Es spielt der Wiener Komponist und Interpret Rene Clemencic auf einem Klavicord, dem "zartesten und ausdrucksvollsten aller Tasteninstrumente", Musik vom spanischen Hof Karls V.: "Wenn Sie nicht innerlich ganz still sind, hören Sie nichts", warnt Clemencic die Festgäste: "Das Wesentlichste ist in der Mitte verborgen!" Zwei gelungene Anknüpfungspunkte für die Feier dieses Jubiläums: So wie im Reich Karls V. die Sonne nicht untergegangen ist, hat auch die Arbeit der KWR eine universale Dimension. So wie das Klavicord außergewöhnliche Aufmerksamkeit und Sammlung braucht, verlangt der Dialog mit den Weltreligionen die Konzentration auf die Mitte des jeweiligen Glaubens.

Weihbischof Helmut Krätzl betont in seiner Festansprache das Wort "Kontakt" im Namen der KWR. Der Kontakt des Christentums mit anderen Religionen ist für ihn nicht bloße Notwendigkeit, die durch das rasante Zusammenwachsen der Welt zwangsläufig immer mehr stattfinden wird. Der Kontakt ist nicht zufällig und keineswegs von geringer Bedeutung. Krätzl nennt diesen Kontakt "providentiell", also von der göttlichen Vorsehung bestimmt und gewollt: "Gerade die Begegnung mit der anderen Religion provoziert eine tiefe Auseinandersetzung mit sich selber und dem eigenen Glauben", betont der Wiener Weihbischof. Aufgabe der Religionen ist es, die "panische Angst in unserer Gesellschaft vor dem Anderen bei der Wurzel zu packen und auszureißen".

Auch der Wiener evangelische Theologe Ulrich Körtner betonte die unabdingbare Notwendigkeit des interreligiösen Dialogs für das nächste Jahrhundert. Die Herausforderung für alle Religionen wird der wachsende Fundamentalismus in den eigenen Reihen sein. "Konstruktive Toleranz" ist laut Körtner die geforderte Perspektive. Wobei er diese als Glaubensaussage und auch als politische Aufgabe verstanden wissen will.

1989 wurde die KWR von der Österreichischen Bischofskonferenz eingerichtet. Die Aufgabenstellungen sind eine gründliche Bewußtseinsbildung an der Basis und eine profunde Schulung vieler Multiplikatoren. Diesem Ziel versucht die Kontaktstelle mit der Veranstaltungsreihe "Agora", dem zweijährigen "Lehrgang Weltreligionen" und der Herausgabe der Zeitschrift "Religionen unterwegs" gerecht zu werden.

Untergebracht ist die KWR im dritten Stock des Afro-Asiatischen Instituts in der Wiener Türkenstraße. Dort findet sich auch eine Fachbibliothek zum Thema Weltreligionen. Einerseits ist die KWR gesamtösterreichisch verfaßt, andererseits arbeiten in den Diözesen Kontaktkomitees. Sie versuchen, Interessierte im Bereich Bildung, Schule, Gemeindepastoral sachgerecht für den Dialog der Ortskirchen mit den nichtchristlichen Religionen zu befähigen. Markus Ladstätter, Assistent in der KWR, sieht in der institutionellen Verankerung der Kontaktstelle in den einzelnen Diözesen eine der Aufgaben für die Zukunft: Was vielerorts fehle, ist der strukturelle Rahmen, der feste Platz im kirchlichen Gesamt der Diözesen.

Neben der KWR stand beim Jubiläum noch Institutsleiter Petrus Bsteh im Mittelpunkt der Feiern: Der Islamfachmann Adel Th. Khoury lobte die überzeugende und fruchtbare Arbeit des Religionwissenschaftlers. Viele europäische Länder, so Khoury, beneiden Österreich um das erfolgreiche Modell KWR. Für sein Bemühen um den Dialog mit dem Islam wurde Bsteh mit dem "Internationalen Medienpreis des Zentralinstituts Islam-Archiv Deutschland" ausgezeichnet.

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