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Sind Präventivkriege gerechtfertigt? Wie frei agiert der UN-Sicherheitsrat? Und woher kommt die Kriegslust der Amerikaner? Heinz-Gerhard Justenhoven, Direktor des Instituts für Theologie und Frieden in Barsbüttel bei Hamburg, antwortet im Furche-Gespräch.

Die Furche: Kann ein Angriffskrieg jemals gerechtfertigt sein?

Heinz-Gerhard Justenhoven: Spätestens seit Gültigkeit der UNO-Charta, die heute fast alle Staaten unterschrieben haben, ist jeder Angriffskrieg in Acht und Bann gesprochen.

Die Furche: Und Präventivkriege sind Angriffskriege?

Justenhoven: Ich würde unterscheiden zwischen einer militärischen Zwangsmaßnahme, die der UN-Sicherheitsrat beschließt, um eine Gefährdung des Weltfriedens abzuwenden, und einem Angriffskrieg, den ein Staat gegen einen anderen führt, wenn kein Fall von Selbstverteidigung vorliegt. Dieser Fall eines unilateralen Angriffs auf einen souveränen Staat ist in der Tat nicht zu rechtfertigen.

Die Furche: Bleibt die Frage, ob die UNO nicht den USA beipflichten und gegen den Irak einschreiten sollen.

Justenhoven: Das wäre notwendig, wenn einer unterstellten Gefährdung nicht anders als mit militärischer Gewalt beizukommen ist. Diese Gefahr durch den Irak sehe ich aber nicht gegeben.

Die Furche: Kann der Sicherheitsrat überhaupt noch frei agieren oder führt der US-Druck nicht zwangsläufig zu einer Kriegsresolution?

Justenhoven: Die derzeitige Diskussion zeigt, dass das so nicht der Fall ist. Die Staaten, auch die kleinen, streiten hier sehr hart mit den USA und ringen um eine Antwort. Wenn es zu einer Resolution kommt, dann weil der Sicherheitsrat zur Meinung kommt, dass man dem Problem nicht anders Herr werden kann.

Die Furche: Würden mit einem Präventivkrieg gegen den Irak völkerrechtswidrige Prinzipien aufgestellt?

Justenhoven: Wir stehen vor dem Problem, dass ein Völkerrechtsbruch durch einen großen Staat Völkerrechtsbrüche durch kleine Staaten nach sich zieht. Das deutlichste Beispiel ist die völlig unsinnige Drohung Nordkoreas an die USA. Das ist die Antwort darauf, wenn eine Seite glaubt, sich außerhalb des Rechts stellen zu können.

Die Furche: Darf sich die "Ordnungsmacht" USA dieses Recht herausnehmen?

Justenhoven: Es kann nicht sein, dass wir zu einem Prinzip zurückkommen, wo einer über dem Gesetz steht, während alle anderen sich an Recht und Gesetz halten müssen.

Die Furche: Wären nicht die Vereinten Nationen und nicht die USA der einzig legitime Weltpolizist?

Justenhoven: Die Vereinten Nationen gäbe es ohne entsprechenden Druck und ohne Initiative der Vereinigten Staaten gar nicht. Das dürfen wir nicht aus den Augen verlieren. Auch in der Irak-Frage ist es die US-Initiative, ohne die es die Waffen-Inspektionen in dieser Form gar nicht gäbe. Ohne den Druck Washingtons würde Hussein so weitermachen können, wie er es die letzten zehn Jahre getan hat. Ich kann nur hoffen, dass wir die Amerikaner dazu bringen, ihre Politik im Rahmen der Vereinten Nationen zu betreiben. Denn das ist der sicherste Weg, für mehr Recht zu sorgen und in diesem Sinne die Rolle eines Polizisten zu spielen.

Die Furche: Wie bewerten Sie den deutsch-französischen Vorschlag, UN-Truppen im Irak zu stationieren?

Justenhoven: Der Vorschlag ist noch nicht ausgereift. Es wäre Unsinn, ohne Zustimmung des Iraks, Blauhelme ins Land zu schicken. Was das bedeutet, haben wir in Bosnien erlebt. Das setzt die Soldaten ungeheuren Gefahren aus, während ihnen gleichzeitig die Hände gebunden sind.

Die Furche: Warum bestehen die USA nach wie vor auf einen Krieg gegen den Irak?

Justenhoven: Vielleicht ist es die Sorge eines Landes, das zum ersten Mal seit 200 Jahren in extremer Angst um die eigene Sicherheit lebt. Die Diskussion in Europa würde anders aussehen, wenn ein mit dem 11. September vergleichbarer Anschlag in irgendeiner europäischen Hauptstadt stattgefunden hätte. Das würde auch bei uns die Diskussionslage dramatisch verändern.

Die Furche: In Richtung ...

Justenhoven: Dass wir leichter bereit wären, militärische Gewalt einzusetzen, unabhängig von der Frage, ob es sinnvoll ist.

Die Furche: Müsste in diesem Fall dann nicht trotzdem jenes Land, das nicht betroffen ist, eine mäßigende Rolle einnehmen?

Justenhoven: Genau das ist unsere Rolle im Moment. Und deswegen hoffe ich nach wie vor auf einen konstruktiven Dialog zwischen den USA und Europa.

Das Gespräch führte Wolfgang Machreich.

Heinz-Gerhard Justenhoven ist Direktor des "Instituts für Theologie und Frieden" in Barsbüttel bei Hamburg.

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