Ins Stammbuch der Friedensethik geschrieben

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Vorläufiges Ergebnis der Überlegungen, wie den Verbrechen im Kosovo zu wehren sei, ist Ratlosigkeit. Daher auch der Friedensethik.

Die traditionelle kirchliche Lehre vom Krieg als der ultima ratio und dem bellum iustum, dem gerechten Krieg, war angesichts der Weltkriege und des drohenden Nuklearkrieges obsolet geworden, wahrscheinlich zu rasch über Bord geworfen. Denn die Lehre vom bellum iustum rechtfertigt nicht den Krieg, sondern formuliert Kriterien, unter denen Krieg gerechtfertigt sein könnte. Zu diesen Kriterien zählt auch die berechtigte Erwartung des Erfolges. Eben dieses Kriterium hält im Kosovo offenbar nicht.

Der Pazifismus als Antwort wurde zu prinzipiell. Prinzipien verleiten dazu, nur sie zu sehen, nicht die realen Probleme, nicht die Opfer. Daher kam es angesichts der Verbrechen im Herzen Europas zur Umkehr: man darf nicht zusehen. Völkerrecht darf nicht Feigenblatt für grobe und permanente Menschenrechtsverletzung sein.

Nichts spricht allerdings dafür, daß diese Intervention erfolgreich ist. Ob es an Fehlern vor der Intervention liegt (wahrscheinlich), oder an grundsätzlicher Problematik? Jedenfalls scheint es jetzt darum zu gehen, daß andere Gruppierungen Verhandlungen neu mit dem nunmehr militärisch geschwächten Jugoslawien, auf jeden Fall unter wesentlich stärkerer Einbindung Rußlands.

Die Grundfrage des Verhältnisses von Völker- und Menschenrecht ist damit noch nicht geklärt. Führt die zunehmende Moralisierung der Politik zur Häufung von Kriegen, beginnend mit einer Intervention der NATO zugunsten der Kurden in der Türkei? Oder sind es Zufälligkeiten, das Interesse der Medien, oder geheime Absichten und Interessen, die darüber entscheiden, wann eingegriffen wird? Prinzipielle Antworten führen auch hier nicht weiter.

Es wird wohl darum gehen, völkerrechtlich verbindlich zu regeln, welche Organe nach welchem Verfahren Entscheidungen treffen. Diese werden wohl in jedem Fall problematisch sein. Aber es gibt nichts, was nicht problematisch wäre. Die glatten, prinzipiell schönen Lösungen stimmen sicher nie, und sind im Fall des Krieges in der Regel verbrecherisch. Das sei jeder Prinzipienethik, aber auch jeder Vergötzung des Realismus ins Stammbuch geschrieben.

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