KHG und die Veteranen

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Eines der Lebensprinzipien in den Katholischen Hochschulgemeinden der sechziger Jahre, so erzählen die Veteranen, lautete: Wir sind materiell anspruchslos, aber intellektuell sind wir maßlos. Was die wohl von den heutigen KHG-Strategien halten?

Immerhin könnte man der postmodernen KHG-Variante, die Finanzminister Karl-Heinz Grasser im wahrsten Sinn des Wortes verkörpert, bescheinigen, dass sich an den zentralen Begriffen nichts geändert hat: Nach wie vor geht es um Anspruchslosigkeit und Maßlosigkeit. - Doch halt! Spricht hier der Neid der Nichthomepagebeworbenen? Klingen da die Plagen nicht erfüllter Aufsteigerbedürfnisse durch? Versuchen da die weniger Smarten, ihren materiellen Misserfolg als lange geplante Übung in Anspruchslosigkeit zu camouflieren?

Eher nein. Denn in der Substanz handelt die Causa Grasser weniger von Steuerbetrug oder Politikerkorruption, als von der guten alten Selbstinfektion mit dem eigenen Schmäh: Es tut Politikern sicher gut, wenn sie von Feuilletonisten als Popstars gefeiert werden. Sobald sie sich aber selber dafür halten, sind sie es die längste Zeit gewesen. So wie schreibende Moralisten spätestens dann, wenn sie sich selbst für eine moralische Instanz halten, uninteressant zu werden beginnen.

Mit anderen Worten: Karl-Heinz Grasser weiß zu viel und zu wenig zugleich. Zu wenig über die vielen kleinen Peinlichkeitsfallen, die sich im Lichte der Kameras zu großen schwarzen Löchern auswachsen. Zu viel über sich selbst, als dass er die Fassade der ohne eigenes Zutun zum Liebling der Massen gewordenen Naturbegabung lange aufrechterhalten könnte.

Mit ihm wird also geschehen, was mit vielen anderen KHG-Veteranen geschehen ist: Irgendwann wird er es billiger geben.

Der Autor ist stellvertretender Chefredakteur der "Presse".

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