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Vier Jugendliche und ihre - jüdische - Initiation: Ruth Beckermanns nachdenklich-schmunzelnder Dokumentarfilm "Zorros Bar Mizwa".

André Wanne hat selber keine Bar Mizwa gefeiert. Vielleicht holt er das nach, indem er sich aufs Filmen von jüdischen Zeremonien, nicht zuletzt von Bar-Mizwa-Feiern spezialisiert hat: Viele Wiener Juden engagieren Wanne, um das religiöse "Erwachsenwerden" ihrer Sprösslinge durch ein besonderes Video zu dokumentieren. Die Filmemacherin Ruth Beckermann geht in ihrem neuen Film Zorros Bar Mizwa André Wannes Arbeit anhand von vier Jugendlichen nach. Sie erzählt Geschichten vom Erwachsenwerden und von Initiation in eine religiöse Tradition, die sich an den Zeitläuften gleichermaßen reibt und aufrichtet.

Noch trägt Vater die Sünden

"Bar Mizwa" - "Sohn der Pflicht" heißt jene Zeremonie, mit der ein 13-jähriger Knabe im Judentum mündig wird. Bis dorthin, sagt die Tradition, trägt der Vater die Sünden für den Sohn. Bei diesem Fest legt der junge Mann erstmals die Tefillin, die Gebetsriemen, an und liest in der Synagoge öffentlich aus der Tora vor. Das alles will gut geübt sein, die Zeremonie selbst ist ein großes Familienfest, das sich mit Mahl und Tanz ausgelassen fortsetzt. Für Mädchen gibt es schon mit 12 ein Fest, die "Bat Mizwa" ("Tochter der Pflicht").

Sharon, der mit seinen Eltern, georgischen Juden, in Wien lebt, will im Videoclip, den André Wanne für seine Bar Mizwa dreht, unbedingt als Zorro auftreten. Die Motive für diesen Wunsch sind zwar ganz und gar pubertär-profan, aber Sharons Mutter ordnet das Ansinnen des Sohnes in die Tradition ein, sind georgische Juden ja Sephardim, stammen also aus Spanien, von wo sie 1492 vertrieben worden waren. Dass Zorro eine lateinamerikanische Gestalt ist, tut wenig zur Sache: ein hispanischer Background ist es allemal.

Ruth Beckermann begleitet Sharon und André Wanne auf diesem Weg zum Mannsein, und hat sich noch drei weitere Geschichten ausgesucht: Tom, Sohn einer israelischen Mutter und eines nichtjüdischen Österreichers, fährt nach Jerusalem, wo sein Fest der Feste an der Klagemauer stattfindet. Moishy, aus streng orthodoxer Familie, bleibt dagegen in Wien und übt dafür mit großem Ernst das gar nicht so einfache Anlegen der Tefillin. Schließlich wird in der Geschichte von Sophie offenbar, wie anders und wie ähnlich sich das jüdische Frauwerden im Vergleich zu den Fragen, Erlebnissen und Problemen der Buben darstellt.

Religion mitten im Leben

Einmal mehr zeigt sich im Film Zorros Bar Mizwa, dass sich das Judentum besonders gut eignet, um die Verbindung von Leben und Religion, Tradition und Gegenwart zu illustrieren. Erwachsenwerden und Initiation hat in allen Religionen einen rituellen Ort, insofern werfen Bar und Bat Mizwa Fragen auf, die sich in allen Religionen stellen. Ruth Beckermann ist zusätzlich ein großer Wurf gelungen, weil sie all dies nicht mit didaktischem Gestus präsentiert, sondern eine Filmerzählung geschaffen hat, bei der man ebenso nachdenken wie schmunzeln kann.

Unsereiner bekommt den Wiener Oberrabbiner Paul Chaim Eisenberg ja kaum als Entertainer zu Gesicht, der bei einer Tanzgesellschaft zu E-Gitarren-und Keybord-Musik den auf einem Psalmwort fußenden jüdischen Schlager "Hinne ma tow umanaim" trällert.

ZORROS BAR MIZWA

Ö 2006. Regie: Ruth Beckermann.

Mit Tom Sattler, Moishy Ortner, Sharon Mamistvaloa, Sophie Landesmann, André Wanne. Verleih: Filmladen. 90 Min.Im Kino ab 15. Dezember.

Premiere

Familie - Ritual - Adoleszenz

Zum Start von Zorros Bar Mizwa findet in Kooperation mit der Evangelischen Akademie die Vorführung des Films mit anschließender Diskussion statt, an der Regisseurin Ruth Beckermann, der Schriftsteller und Jugendpsychiater Paulus Hochgatterer, Richard Krisch (Verein Wiener Jugendzentren), die Psychoanalytikerin Elisabeth Brainin und der evang. Relgionspädagoge Alfred Garcia Sobreira-Majer teilnehmen. Moderation: Doris Appel (ORF).

VOTIV KINO

1090 Wien, Währinger Straße 12

Dienstag, 12. Dezember, 20 Uhr

Kartenreservierung: 01/3173571, www.votivkino.at

WEITERES RAHMENPROGRAMM zum Filmstart: www.zorro-derfilm.at

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