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Felix Mitterers Missbrauchs-Stück "Die Beichte" ist auch als Lektüre beklemmend.

Bei den diesjährigen Tiroler Volksschauspielen in Telfs mit Kurt Weinzierl in der Hautrolle uraufgeführt, in der gleich besetzten Hörspielfassung von Ö1 mehrfach preisgekrönt: Felix Mitterers Kirchenabrechnung "Die Beichte" ist auch als gelesener Text eine Beklemmung ersten Ranges. Die Kenntnis des österreichischen wie des katholischen Milieus durfte bei Mitterer ja vorausgesetzt werden. Der in Irland lebende Tiroler Autor wurde aber durch die Kirchensexskandale auf der Grünen Insel - die in Intensität den Vorfällen in den USA um nichts nachstanden, hierzulande aber weniger in den Medien waren - erst recht angestoßen, sich auf seine Weise des Themas anzunehmen.

Zwei Erzählungen aus seinem Tiroler Bekanntenkreis, so gibt Mitterer an, hätten die Grundlage für sein Theaterstück gebildet: Martin, den Pater Eberhard vor Jahrzehnten missbraucht hat, wird selbst zu einem Täter. Dieser Martin beichtet beim nun schon greisen Pater Eberhard. Die alten Geschichten kommen dabei hoch, in Rückblenden wird das verbotene Geschehen wieder aufgerollt - bis zum bitteren Ende.

Ja, ein bitteres Lehrstück ist Mitterers "Beichte", aber wenn die katholische Kirche sich nicht der Katharsis aussetzt, wird sie nicht bestehen können. Und auch wenn ein Theaterstück ja primär nicht eine therapeutische Stunde für eine kranke Institution darstellt, so trägt ebendieses Stück sehr wohl zur Katharsis bei - wenn die katholische Kirche das nur zulässt.

In diesem Sinn ist die Lektüre von "Die Beichte" nicht nur allen Katholikinnen und Katholiken im Allgemeinen, sondern den Herren der Kirchenleitung im Besonderen anzuempfehlen: Was da bei Mitterer geschildert und thematisiert wird, hat tatsächlich durch und durch mit der Realität zu tun und gehört zum Schlimmsten, was Kirche(nmänner) ihren Schäfchen - ihren kindlichen Schäfchen noch dazu! - angetan haben. Das kann nicht beklemmend genug thematisiert werden

Und wird von Mitterer auch so dargestellt - aber ohne antikirchliche Gehässigkeit: Mitterer arbeitet plastisch heraus, dass auch Pater Eberhard ein Getriebener ist, dass es Strukturen sind, in denen er verstrickt ist. (Man fühlt sich einmal mehr an das Wort von "Strukturen der Sünde" erinnert, das Papst Johannes Paul II. in Bezug auf soziale Ungerechtigkeit geprägt hat, auf das hin - gerade im Lichte der Probleme der letzten Jahre - aber auch die katholische Kirche selbst zu befragen wäre.) Dennoch entschuldigt Mitterers Stück den Täter damit keinefalls.

Fazit: Pflichtlektüre für wache Zeitgenossen.

DIE BEICHTE

Theaterstück

Von Felix Mitterer

Haymon Verlag, Innsbruck 2004.

80 Seiten, kt., e 10,-

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