Schmerzhafte Zumutungen

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Die Reise war mit einiger Spannung erwartet worden. Der Rat der Evangelischen Kirche in Deutschland unter dem Vorsitz von Bischof Wolfgang Huber besuchte vergangene Woche Israel und die palästinensischen Autonomiegebiete. Dabei sind deutliche Worte der Kritik gefallen, besonders hinsichtlich der Auswirkungen der israelischen Sicherheitsmaßnahmen, die tief ins palästinensische Gebiet einschneiden. Eine besondere Sorge gilt der kleinen christlichen Minorität unter den Palästinensern, darunter auch einige evangelische Gemeinden, denen es die Situation zunehmend schwer macht, im Heiligen Land zu bleiben. Aufgrund der langjährigen Beziehungen zwischen evangelischen Kirchen in Europa, auch der österreichischen, und diesen evangelischen Gemeinden ergibt sich für die Kirchen bei uns die besondere Verantwortung, sich für Versöhnung und Verständigung einzusetzen.

Das Tor allerdings, durch das die deutsche evangelische Delegation nach Israel gekommen ist, war die Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem, die am ersten Tag besucht wurde. Aus der Erkenntnis, dass die Kirchen selbst mitschuldig geworden sind am millionenfachen Mord an den Juden, ist die Übernahme der historischen Verantwortung möglich. Dazu gehören ein ungeschminkter Umgang mit der eigenen Vergangenheit und die Bereitschaft, sich kritischen Fragen nach der Verstrickung in die Schuldgeschichte, auch was die Rolle höchster kirchlicher Repräsentanten betrifft, auszusetzen. Dies ist eine schmerzhafte Zumutung, gewiss, aber - wie Bischof Huber ins Gästebuch von Yad Vashem schrieb. "Nur durch die Wahrheit wird aus der Erinnerung Orientierung."

Der Autor ist Oberkirchenrat der evangelischen Kirche A.B.

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