Von PEGIDA bis Orbán

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In Osteuropa breiten sich semi-autoritäre Demokratien aus. Länder, die berühmt waren für ihre Freiheitsaufstände wie Ungarn oder Polen, beschädigen offen demokratische Prinzipien. Das eigene "Volk" wird mit der eigenen Partei identifiziert und diese Einheit dann zum identitären Mythos, der dazu dient, demokratische Machtbalancen auszuhebeln und kulturelle Freiheiten zu bekämpfen.

Das ist bedrohlich. Doch woher kommt es? Lech Wal¸esa soll gesagt haben, er habe die Demokratie im Land haben wollen, aber stattdessen 20 Konzerne hereingelassen. Der Kapitalismus verspricht viel und schleicht sich in unsere Sehnsüchte ein, hält aber wenig bis nichts. So effizient er unter bestimmten Bedingungen als ökonomisches System sein kann: Als Identitätsmuster ist er unbrauchbar, weil gnadenlos und oberflächlich.

Der Wiener Theologe Kurt Appel hat freilich auch recht: Man kann die "Leere und Unbarmherzigkeit der kapitalistischen Kultur" nicht "mit einer Rückkehr zu vormodernen Vorschreibungen und Identitätsmarkern ... auffüllen", seien sie "christlich" oder nationalistisch oder sonst wie abgeleitet. Aber man muss sie auffüllen, sonst tun es andere: von PEGIDA bis Orbán.

Es wird entscheidend sein für Europa, einen Weg zwischen der kapitalistischen und der anti-demokratischen Versuchung zu finden. Sonst droht die Alternative zwischen einer leerlaufende kapitalistischen Konsum- und Produktionsschraube und dem Prinzip "Inklusion für diejenigen, die mir ähnlich sind, Exklusion für alle anderen." Und es wird dann Zufall sein, wer dieses "Innen" gerade wie definiert.

In der vorletzten Krisenphase Europas, in den 1930er-Jahren, hat das Christentum ziemlich versagt, in der letzten, nach dem II. Weltkrieg, seine Aufgabe erkannt und Europa entschlossen gestaltet. Nehmen Christen die aktuelle Herausforderung an?

Der Autor ist katholischer Pastoraltheologe an der Universität Graz

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