Wagners Weinreise

19451960198020002020

Ein Buch, das Lust macht, von Wein zu Wein zu wandern.

19451960198020002020

Ein Buch, das Lust macht, von Wein zu Wein zu wandern.

Werbung
Werbung
Werbung

Einen Wein wie den des Jahrgangs 1456 werden die Wiener wohl nie wieder erleben - hoffentlich. Sie durften den "Reifenbeißer" (er zerfraß wohl die Faßreifen) nicht einmal wegschütten: Kaiserlicher Befehl, das Zeug mußte zur Baustelle des Stephansdoms gekarrt und zu einem besonders harten Mörtel verarbeitet werden. Christoph Wagner vollführt in seinem Buch "Weinlandschaften in Österreich" unterhaltsame Sprünge zwischen Vergangenheit und Gegenwart, setzt sich gnädig, aber im Einzelnen kritisch mit der Institution des Wiener Heurigen auseinander, dessen Niedergang zum Allerweltsbüffet mit einer Verordnung des in Wien mit guten Gründen als Bierleiter Gauckel verspotteten "Gauleiters" Bürckel begann. Der auf Speis und Trank spezialisierte Autor und ehemalige Gault-Millau-Chefredakteur erzählt uns vom Klöcher Traminer und anderen mehr oder weniger köstlichen steirischen Weinen, vereinnahmt aber auch Südtirol und schreibt von den Vernatschsorten, denen der Verschnitt mit Blauburgunder oder Lagreiner so wohl bekommt. Mit einem Wort: Er entführt den Leser auf eine journalistische Weinreise durch Österreich, die sich gewaschen, aber nicht gepantscht hat. Wo er kritisiert, hat er übrigens fast immer recht. Zum Beipiel mit dem, was er über die danebengegangenen Barrique-Rotweine sagt. In der Vergangenheitsform. Mitunter aus Höflichkeit? Umso mehr freut sein seltenes Lob, ob er nun den Uhudler-Weinbauern gemessen die Köpflein streichelt oder von den "sogar für das bewußte Chateau d'Yquem zum Angstgegner" gewordenen Trockenbeerenauslesen aus dem Seewinkel schwärmt. Trotz allem schrieb Wagner eher ein Buch zum Schwelgen als zum Sich-Informieren, ein Buch zum Blättern und Schmökern, was vor allem dank den vielen wunderschönen Farbbildern von Gerhard Trumler ein Vergnügen ist - und, logo, ein Buch zum Verschenken. Schwer zu sagen, worauf es mehr Lust macht: Aufs Trinken oder aufs Wandern. Wohl auf beides. Und dies ist ja bekanntlich für die Bewohner keiner Großstadt der Welt so leicht und angenehm zu verbinden wie für den Wiener. Seien wir also froh, daß der Chateau Kahlenberg noch kein Exportschlager ist.

Weinlandschaften in Österreich Von Christoph Wagner und Gerhard Trumler. Pichler Verlag, Wien 1999. 200 Seiten, Ln., öS 790,-/e 57,41

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung