Sieht sich ein gebildeter, kirchlich sozialisierter und gläubiger Mensch, der gewohnt ist, in der Gegenwart zu denken, traditionelle theologische Texte an, wird er erhebliche Verständnisschwierigkeiten haben. Wenn er die traditionellen Auseinandersetzungen, auch innerhalb der theologischen Richtungen einer Konfession, erst recht zwischen den Konfessionen zu verstehen sucht, wird es Probleme geben. Er wird sich fragen, was in aller Welt diese Dinge mit dem Leben eines Christen heute überhaupt zu tun haben.
Will er klare Antworten, dann kann er sie bekommen, gut traditionell, muß sie aber auswendig lernen, zu verstehen sind sie nicht, wenn verstehen heißt, ihre Relevanz für den Glauben heute zu begreifen. Übrigens: auch der Katholische Katechismus ist schon viel zu reflektiert, als daß er einfache Antworten in Form von Kleingeld anbieten würde.
Muß es diese traditionelle Theologie überhaupt geben? Müssen alte Auseinandersetzungen immer wieder aufgewärmt werden? Die Affen seien viel klüger als die Christen, sagte ein Afrikaner. Die Affen würden sich kratzen, wo es sie jetzt juckt, die Christen, wo es sie vor vierhundert Jahren gejuckt habe.
Dennoch hier zunächst ein Plädoyer für die traditionelle Theologie. In ihr steckt nämlich eine Präzision, die in jahrhundertelanger Diskussion gewonnen worden ist. Es ist Fachsprache, die nicht jedermann verstehen muß. Aber von den Fachleuten muß sie gekonnt werden. Die traditionelle Theologie ist auch Fehlwege gegangen, aber auch ihnen kommt man nur mit den eigenen Mitteln auf die Schliche.
Darum ist es auch notwendig, traditionelle Kontroversen aufzuarbeiten. Will man sie überspringen, und das tun nicht wenige Theologen gerne, bringt ihnen das doch Zuhörerschaft, rächt sich das bitter.
Aber, und das ist das Zweite: die traditionelle Theologie muß den Weg in die Fragestellungen von heute finden. Sie muß die Relevanz ihrer Aussagen heute glaubwürdig machen können. Sie muß sich verständlich machen können freilich nicht für die terribles simplificateurs, denen wohl nicht zu helfen ist.
Diese Aussagen werden viel zu denken geben, zum Auswendiglernen sind sie nicht.
