Die Scheinheiligkeit der wahren Steuerparadiese

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Finanzminister Josef Pröll und die hohen Beamten des Finanzministeriums scheinen sich gut gewappnet zu haben, ehe der Minister zum Treffen der EU-Ressortkollegen nach Berlin reiste. Dorthin hatte vorige Woche der deutsche Finanzminister, Peer „Quagadougou“ Steinbrück eingeladen, der sich werbewirksam die Steuersünder aus den kleinen Ländern vornehmen wollte. Um von den wahren abzulenken.

Österreich hat sich jedenfalls, so Pröll nach den teils mit recht deutlichen Worten geführten Gesprächen, durchgesetzt: Es wird nicht nur seine Gesetzeslage dem OECD-Musterabkommen über die Weitergabe von Bankinformationen anpassen, sondern die EU-Finanzminister sind damit einverstanden, auch die Regeln für andere Bankenplätze und Steueroasen zu verschärfen. Denn Österreich mit anderen kleinen Staaten auf eine graue OECD-Liste vermeintlicher Steuerparadiese zu setzen, entbehrte nicht nur „jeglicher völkerrechtlichen Grundlage“, wie es im Finanzministerium heißt, sondern ist in höchstem Maße unzutreffend, weil die wahren Steuerparadiese ganz woanders liegen. Etwa in den USA, wie eine Recherche des renommierten britischen Wirtschaftsmagazins Economist ergab.

Wyoming, die Schweiz der Rocky Mountains

Den Text aus dem Economist haben einzelne Beamte des Finanzressorts griffbereit. Darin schildert ein australischer Politikwissenschafter, wie er in nur wenigen Stunden mit nur wenigen Pfund Sterling rund um die Welt per Internet in 17 Staaten anonyme Firmen gründen konnte. Diese Firmen eröffnen dann Bankkonten, von denen aus keine Spur zu einer lebenden, gar steuerpflichtigen Person führt. Staaten, in denen das möglich ist, sind die US-Staaten Delaware, Nevada und Wyoming, letzteres gilt als die Schweiz der Rocky Mountains. Laut Economist finden sich die „ungeheuerlichsten“ Beispiele für Bankgeheimnis, Geldwäsche und Steuerbetrug nicht in Alpentälern, sondern in den Hinterhöfen der großen Ökonomien. Für diese sollten, das wurde in Berlin vereinbart, die neuen Regeln – etwa eine internationale Finanzmarktaufsicht – ebenfalls gelten.

Österreich leistet seinen Beitrag: Im Nationalrat soll nächste Woche das im Finanzausschuss behandelte Gesetz über Amtshilfedurchführung verabschiedet werden. Die Bedingungen, das Bankgeheimnis zu lüften, gelten weiterhin für Inländer, werden für ausländische Verfahren jedoch der OECD angepasst. (c.r.)

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