Eine unnachgiebige Aktivistin

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In ihrer philippinischen Heimat respekt- und liebevoll "Betsy“ genannt, hätte es sich die 1960 in Wohlstand geborene Maria Helenita Ruizo-Gamela auch leicht machen können. Doch der ruhige Blick von der Veranda auf ererbte Latifundien war Betsys Sache nie, wie sie bei ihrem Besuch in Österreich diese Woche erzählt.

Sie weigerte sich, ihre Felder an exportorientierte amerikanische Großkonzerne zu verpachten. "Ich wollte die Wertschöpfung im Land behalten. Unser Reis und unsere Früchte sollten die Menschen auf den Philippinen ernähren“, gibt sich die christlich-sozial engagierte Frau bis heute kämpferisch. Doch die Ausgangslage erwies sich als schwierig.

Mitte der 1960er Jahre hielten in Betsys Heimatprovinz Cotabato, einer der landwirtschaftlich wichtigsten Regionen der Philippinen, hybrides Saatgut und Pestizide Einzug. Der kostspielige chemische Dünger trieb Bauernfamilien in sklavenähnliche Abhängigkeitsverhältnisse zu ihren Händlern, die den Verkauf der "Farminputs“ und die Abnahme der Ernte beherrschten.

"Viele Familien waren binnen kürzester Zeit hoch verschuldet oder gar bankrott. Ihre Felder rissen Großkonzerne zu Okkasionspreisen an sich“, empört sich Betsy im Blick zurück. Noch heute lasse sich die philippinische Oberschicht von falschen Zielsetzungen (ver)leiten, die soziales und ökonomisches Unrecht zeitigen und die ohnehin schmerzliche Zweiteilung der philippinischen Gesellschaft in Privilegierte und Unterprivilegierte fördere. Inmitten des Ungerechten flammte in der nach radikaler Veränderung Ausschau haltenden Kirchenaktivistin und Philosophiestudentin das Verlangen nach dem intrinsisch Guten und Ganzen heftig auf - und manifestierte sich als kreatives, personbildendes Geschehen.

Der programmatische Ansatz mündete im Postulat: "Emanzipation von den Großkonzernen.“ Nach Ihrem Studium wagte Betsy 1988 die Gründung der Don Bosco Foundation for Sustainable Development, um die Menschen ihrer Region mit biodynamischer Landwirtschaft vertraut zu machen. Ein steiniger Weg aus der Armut. Schulungszentren und Kooperativen wurden gegründet, eine Reismühle für Bio-Reis und Reismehl errichtet, eine Datenbank für 2000 Reissorten erstellt, die auf Forschungsfeldern der jungen NGO angepflanzt wurden. Stets der Tatsache gewahr, dass Fachkenntnis von Innovation und sozialem Augenmaß begleitet sein müssen, leitete Betsy auf der Insel Mindanao eine Agrarreform ein, die zum Musterprojekt heranwachsen sollte.

Heute profitieren über 3200 Bauernfamilien in den Provinzen von North Cotabato von der auf genossenschaftlicher Basis entwickelten Infrastruktur. Der Nachwuchs wird in eigenen Schulen ausgebildet, der Großteil der Waren in eigenen Bio-Läden in mehreren Städten Mindanaos verkauft, gemäß dem Motto der Don Bosco Health Food Center: "Von unseren Seelen in die Erde gepflanzt, von den Samen direkt in die Verkaufsregale.“ Mittlerweile unterstützen EU, ADA und HORIZONT3000 das Projekt.

Die ökumenische Entwicklungsgenossenschaft OIKOCREDIT hat Betsy in der Ausbildungsphase mit Management-Training in Agrar-Ökonomie unterstützt und im März 2011 einen Projektkredit in der Höhe von 567.000 Euro bewilligt. So können 130 Kleinbauernfamilien weitere 200 Hektar Land der Genossenschaft mit biodynamisch-organischer Reisproduktion bewirtschaften. Über den aktuellen Stand des Projektes sprach sie diese Woche in Wien.

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