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Gut möglich, liebe Leserinnen und Leser, dass wir Bedarfsschreiber und Bonsaidenker dieser Tage Ihren Mediengenuss über das gewohnte Maß hinaus durch geistige Kurzatmigkeit beeinträchtigen. Wir bitten um Verständnis: Sind ein bissl im Gedenkstress.

Bald wird es ein Jahr her sein, dass Osama bin Ladens zornige Jünger den Terrorkrieg ins Herz der Weltherrschaft getragen haben. Gerade erst war es fünf Jahre her, dass Lady Diana verunglückt ist. Und seit mehreren Tagen schon begehen wir mit der gebotenen Andacht den 53. Rückzug Jörg Haiders aus der österreichischen Bundespolitik.

Nicht, dass man die Drei in einen Topf werfen sollte: Jörg Haider ist nicht einmal in Rau's (Standard-Kolumnist H. Rauscher; Anm.) kühnsten Träumen so böse wie Osama bin Laden, Lady Diana hat die geschundenen Kinder dieser Welt zwar besucht, sie aber nie an den Wörthersee eingeladen, und Osama bin Laden blieb es bis auf den heutigen Tag versagt, zusammen mit Saddam Hussein fotografiert zu werden.

Trotzdem haben sie etwas gemeinsam: Sie sind das, was wir gern "Medienphänomene" nennen - Gestalten also, denen aufgrund ihrer speziellen Art von Dauerpräsenz im Lauf der Zeit ikonenhafte Züge zugewachsen sind. Das verleitet uns dazu, trotz der ernsten, bösen oder tragischen Umstände, die ihre Biografien repräsentier(t)en, heiter von "Popstars" zu reden.

Wie real die Macht und Anziehungskraft solcher Figuren ist, zeigt sich am deutlichsten an den unzähligen Glossen, Feuilletons und Leitartikeln, denen zu entnehmen ist, wie irreal und künstlich sie doch seien und wie peinlich der "Hype", der rund um sie aufgezogen wird.

Wir Österreicher genießen in dieser Sache nun schon fünfzehn Jahre lang Anschauungsunterricht. Keiner von uns, der nicht auf etliche Artikel verweisen könnte, in denen er wortreich dargelegt hat, dass jedes Wort über Jörg Haider eines zu viel sei.

Das eben ist es, was den Zauber dieser Popstars ausmacht: Die Lücke, die sie hinterlassen, ersetzt sie vollkommen.

Der Autor ist stv. Chefredakteur der "Presse".

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