Jüdische Tipps gegen Alltags-Hast

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Die Technik bietet immer neue Möglichkeiten. Besser erreichbar zu sein, überall und zu jeder Zeit. Das ist toll. Da will man den Anschluss nicht verlieren. Aber manchmal überfordert es uns auch. Alles scheint heute immer schneller zu gehen. Und haben wir nicht bereits Mühe, alle Bälle aufzufangen, die man uns zuwirft? Allerdings kein modernes Problem. Der Mensch hat sich und seine Geschäftigkeit schon früher hinterfragt.

Mosche Chajim Luzzatto, ein jüdischer Gelehrter des 18. Jahrhunderts, stellte seine eigenen Überlegungen zur Unrast der Menschen an. "Wie ein Pferd, das unaufhaltsam im Kampf dahinstürmt, rennen die Menschen und jagen, und lassen sich keine Zeit, auf den Weg zu achten und ihr Tun zu überdenken. Deshalb stürzen sie unversehens ins Unglück." So beschreibt er in seinem Buch "Der Weg der Frommen" die Situation seiner Zeit. Für Luzzatto gehörte dies zu den "listigen Ränken des bösen Triebes": dieser böse Trieb überlastet die Menschen fortwährend mit Arbeit, damit sie sich nicht überlegen, welchen Weg sie eigentlich eingeschlagen haben.

Luzzatto hat ein Rezept dagegen: wir müssen zur Besinnung kommen. Klingt einfach, ist es aber nicht. Da tröstet das Psalmwort (37,32), das uns Gottes Hilfe in Aussicht stellt: "Der Böse hält Ausschau nach dem Frommen und trachtet ihm nach dem Leben. Gott aber überlässt ihn nicht seiner Hand." Das ist kein Aufruf, auf Gott zu warten, der es schon richten wird. Die "Sprüche der Väter" (I,4) mahnen uns: "Wenn ich nicht für mich sorge, wer soll es denn?" Hilf dir selbst, dann hilft dir Gott!

So lehrt uns das Judentum Eigenverantwortung: wir Menschen sind der Anfang aller Veränderung im Leben. Schärfen Sie also Ihr Auge. Der Alltag und seine Unrast sollen Sie nicht blind machen für das Wesentliche im Leben. Gott öffnet Ihnen immer neue Türen.

Der Autor ist Rektor des Abraham-Geiger-Kollegs in Potsdam, das Rabbiner ausbildet.

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