Muslimische Kulturleistungen

Werbung
Werbung
Werbung

Der Fastenmonat Ramadan fiel heuer mit dem Schulbeginn zusammen. Von den vielen Aspekten dieser auch als Monat des Korans bezeichneten Zeit rückt damit das Bildungsgebot besonders nahe. Denn die erste Offenbarung, die dem Propheten Muhammad zukam, lautete: "Lies!"

"Wollt ihr nicht nachdenken?", heißt es im Koran wiederholt, vor allem nach der Schilderung der Natur. Aufgeschlossenheit und Forscherdrang führte die muslimische Welt in eine frühe Blüte. Die Unternehmerin Fatima al Fihri gründete 859 die älteste Universität der Welt in Marokko. Heute freilich wird diese Kulturleistung nur zu gerne verdrängt, obwohl sie auch zum Motor der europäischen Aufklärung wurde, weit mehr war als nur Tradieren aus der Antike. Oder wer hätte von Ibn Hayyan gehört, dem Vater der Chemie, der das Experiment als Forschungsgrundlage im 9. Jahrhundert einführte? Von al Battani, der den Sinussatz fand, von al Razi, dessen medizinischer Lehrplan über Jahrhunderte gültig blieb, von Al Haitham, der die Lochkamera entdeckte, von al Biruni, der im 11. Jahrhundert einen Globus fertigte und den Äquatorumfang berechnete, von Ibn Sina, der Hygiene und Anästhesie in der Medizin verbreitete, von Ibn Khaldoun, der Ursachenforschung in die Historik einbrachte?

Eurozentrismus bestimmt das Bild. Harvey gilt als Erfinder des Blutkreislaufs, während dies Ibn an-Nafis einige hundert Jahre früher besorgte, um nur ein Beispiel zu nennen. Aber auch in der muslimischen Welt ist ein sorgsamerer Umgang mit dem Erbe zu wünschen. Anstatt nur diffus von verlorenen goldenen Zeiten zu schwärmen, wäre der wache Geist jener Epoche wieder zu wecken, als Forschen zum Nutzen der Menschen Gottesdienst war, eine Neugier, die nie völlig zu befriedigen ist. Denn wie schloss jedes Werk: "Und Gott weiß es am besten."

Die Autorin ist Medienreferentin der Islamischen Glaubensgemeinschaft.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung