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Ob der Erden

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„Ich habe die Not Hollands während der Okkupation erlebt, ich war In Äthiopien und im Ghetto Warschau, als die Ruinen noch rauchten, doch das Elend in Biafra übertrifft das alles! Keine Behörde, die hier noch Nein sagt, kann der Verdammung entgehen. Wir müssen den sterbenden Millionen Biafras Hilfe bringen, und wir müssen das sofort tun! Und es geht, wenn man nur will!“

Graf Carl Gustaf von Rosen (59), Chefpilot der Fluggesellschaft Transair, früherer Chef der Luftwaffe Äthiopiens und legemdarischer Flugheld in hundert verwegenen Abenteuern, war tief bewegt, als er am Abend des 14. August im schwedischen Fernsehen diese Worte sprach. Er war, mit drei seiner Flugkameraden, soeben von Biafra zurückgekehrt und sagte, daß er es sich nie verzeihen könnte, wenn er nicht so rasch als möglich von neuem in das von Hunger, Krieg und Seuchen verheerte Land fliegen würde.

Anfang der Woche hatte die Besatzung des schwedischen Transair-Flugzeuges im Auftrag der deutschen Caritas zwölf Tonnen Medizin und Lebensmittel nach der Insel Sao Thome vor der nigerianischen Küste fliegen sollen. Von dort sollten andere Flugzeuge den Weitertransport übernehmen. Von Rosen und seine Kameraden bemerkten sehr bald, daß mit einem Weitertransport nicht gerechnet werden konnte: Das letzte Flugzeug war acht Tage vorher nach Biafra geflogen, war intensiv beschossen worden und umgekehrt, ein anderes Flugzeug war von der Küstenabwehr abgeschossen worden. Keine der Mannschaften auf Sao Thomé wagte einen weiteren Flug.

In dieser Situation wagte von Rosens Mannschaft seinen ,historischen“ Flug. Man beschloß, knapp vor Sonnenuntergang und nur 30 Meter über dem Erdboden zu fliegen, unr. der Luftabwehr kein Ziel zu bieten. Der Flug ging zum großen Teil über ein Gebiet, das den Piloten völlig unbekannt war und über das es nicht einmal zuverlässige Karten gab. Man nahm auch das Risiko auf sich, von der biafra- nischen Abwehr selbst abgeschossen zu werden. Der Flug gelang und wurde sogar am selben Abend wiederholt. Mindestens 3000 Kinder konnten vom sicheren Tod gerettet werden. Von Rosen und seine Kameraden wollen alles tun, um drei Flugzeuge in einen pausenlosen Einsatz zu bringen. „Man kann fliegen, wenn man nur den richtigen Weg wählt“, sagte von Rosen, „und was bedeuten vier Menschenleben, wenn man mit jedem Flug tausende Menschen retten kann!“

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