Es ist gewiß ein ungewöhnliches Ereignis, daß man über hundert Jahre nach ihrem Erscheinen Erzeugnisse einer gehobenen Journalistik, Feuilletons, Informationsartikel, Buchbesprechungen neu abdruckt, nicht wegen ihres historischen Dokumentarwertes, und nicht wegen ihrer schriftstellerischen Bedeutung (die sie nebenher auch haben), sondern wegen des Informationswertes, den sie, als Zeugnisse einer ungewöhnlichen Kenntnis des behandelten Sachkreises, trotz ihrer nur für den Augenblick bestimmten Form, auch heute noch besitzen. Das ist mit den Schriften des Tirolers Fallmerayer der Fall. Der
DIESE MEINE HÄNDE. TAGEBUCH AUS NAZARETH. Von Paul Gauthier. (Aus dem Französischen übersetzt von Dr. L. Reichenpfader). Verlag Styria, Graz-Wien-Köln, o. J. (1965). 233 Seiten, S 88.-.
MATURAJAHRGANG 1907.’’ Roman. Von Otto Friedlaender. Verlas Styria, Graz- Wien-Köln, 1964. 633 Seiten. Preis 155 S.Wer einen spannenden Roman lesen will, der wird nicht zu diesem Buch greifen. Das ist es nicht — denn es ist viel mehr. Es ist (in Form eines Romans) ein überaus klug beobachtetes, fein empfundenes, reich nuanciert dargestelltes Zeitbild, ein nachdenklicher Rückblick auf mehr als ein halbes Jahrhundert Zeitgeschichte aus der Perspektive des allerpersönlichsten Miterlebens des — man möchte sagen: unschuldigen — keineswegs mithandelnden, sondern die Zeit erleidenden
Was ist Bildung? Gewiß nicht eine bestimmte, als Mindestmaß erforderte Menge von Kenntnissen. Bildung hat — unmittelbar — mit Kenntnissen überhaupt nichts zu tun. Bildung ist „Geformtheit“, Erlebnisfähigkeit, erzogen und herangebildet durch das Erleben, Verstehen und Empfinden von kulturellen Werten, die eben dadurch „Bildungswerte“ werden. Wer ein Kunstwerk in seiner Schönheit zu empfinden, einen Gedankengang nachzudenken, eine Dichtung innerlich nachzuerleben dadurch befähigt worden ist, daß ihm im aufnahmefähigen und bildbaren Alter derartige Kunst- und Denkerlebnisse