Es ist Sommer und ich habe Zahnschmerzen. Die Plombe verschluckte ich just einen Abend bevor mein Zahnarzt seinen vierwöchigen Urlaub antrat. Mein Zahnarzt ist Gold wert. Im wahrsten Sinne des Wortes. Nein wirklich, er ist rührend und gibt sich die größte Mühe, mich vor allem Künstlichen zu bewahren. Er flickt und bastelt mit unermüdlicher Kreativität mein marodes Kauwerkzeug zusammen. Und natürlich sorgt er für eine Vertretung, wenn das passiert, was mir gerade passierte. Nur hat der Vertreter seine Praxis drei Kilometer weiter entfernt. Er kennt mich nicht, hat auch gar kein
Daß man im alten Sparta spartanisch lebte, ist eine Binsenwahrheit. Als Kind glaubte ich, spartanisch müsse etwas mit sparen zu tun haben. Obwohl das ethymologisch falsch ist, steckt vielleicht doch ein Körnchen Wahrheit darin. Denn soviel weiß man, daß die Spartaner mit ihrer Lebensweise zumindest beim Genuß gespart haben. Ein Verhalten, das heutzutage kaum noch Anhänger findet, es sei denn bei ideologisch vernagelten Sektierern oder wohlstandsüberdrüssigen Außenseitern. Natürlich müssen die Armen auf der Welt zwangsläufig sparen, um überleben zu können. Das Phänomen ist nur,
Zufällig saßen bei einer Tagung für Zukunftsforschung der berufsmäßige Hellseher, Herr Weiß und der als Schwarzseher tätige Herr Schwarz während einer Pause am selben Tisch. Keiner von beiden kannte den anderen.Der Kellner servierte ihnen wunschgemäß einen türkischen Mokka, den sie mit kleinen Löffelchen sanft in den Tassen hin und her schaukelten. Schweigsam beobachteten beide die schwärzliche Flüssigkeit und verfolgten aufmerksam, wie sich die Kaffeekrümel an der Oberfläche drehten und langsam zu Boden sackten. Dann hob der Schwarzseher seufzend die Tasse zu den Lippen,
Nachdem die Entwicklung des Homo sapiens über Jahrtausende keine nennenswerten Fortschritte machte, können wir im zwanzigsten Jahrhundert Zeugen einer geradezu atemberaubenden Evolution des Menschen werden.Die erst seit ungefähr einem halben Jahrhundert bekannten Tele-Gene veränderten den aufrecht gehenden Zweibeiner mit ausgeprägtem Großhirn sowohl innerlich als auch äußerlich.Der Fernseher, so der Name des weiterentwickelten Homo sapiens, besteht nur noch aus Kopf. Körper und Gliedmaßen verkümmerten fast vollständig.Der Kopf des Fernsehers hat viele Hohlräume, da sich seine
Nichts Ungewöhnliches eigentlich, daß mir an einem Ostersamstag plötzlich Zweifel kamen. Ich war fünf oder sechs Jahre alt, als mein Verstand die ersten Knospen logischen Denkens zeigte.Der Osterhase legte die Eier immer so früh am Morgen, daß wir Kinder ihn nie zu Gesicht bekamen. Ich half meiner Mutter bei den Vorbereitungen für das Fest. Mit einer Speckschwarte durfte ich den gefärbten Eiern noch ein wenig Feiertagsglanz aufpolieren und sie in die buchsbaum-gepolsterte Schale legen. „Wir müssen dem Osterhasen helfen", hatte meine Mutter gesagt, „er schafft das nicht alles
„Ich bewundere Sie", sagte die Rattenfängerin zum Blindgänger, „Sie sind wirklich ein Erfolgsmensch, auf allen Gebieten!"Der Blindgänger lächelte geschmeichelt und antwortete bescheiden, „man tut, was man kann. Und ich muß zugeben, daß ich einiges kann." „Ich weiß", sagte die Rattenfängerin und legte ganz zufällig einen Arm um seine Schultern, „mir gefällt Ihre Zielstrebigkeit. Sie erreichen alles auf direktem Weg." „Erfahrung und Weitsicht", erklärte der Blindgänger und rückte seine Brille zurecht, denn er war etwas kurzsichtig.„Umwege
Es gibt Menschen, die sind von Natur aus so geduldig, daß ihr Adrenalinspiegel einem glatten See gleicht. Ich bewundere sie, weil ich ungeduldig bin und bei der geringsten emotionalen Windstärke nach Palmen suche, auf die ich klettern möchte, um den eigenen adrenalinischen Brandungswellen zu entgehen. Die Ursachen solcher Temperamentsorkane sind so vielfältig, wie die Menschen, mit denen ich umgehe.Ganz besonders reizbar werde ich, wenn ich in menschliche Ansammlungen gerate, die sich geduldig auf ein Ziel zu bewegen. Nicht zu Unrecht nennt man sie Schlangen. Da ist zum Beispiel die Homo
Tante Frieda hat geschrieben. Sie kommt nächste Woche zu Besuch. Lieber Himmel, da wird es aber höchste Zeit, daß ich mit dem Hausputz beginne. Tante Frieda hat scharfe Augen und einen ausgeprägten Putzfimmel. Jeden Freitag schrubbt sie ihre Wohnung so, als habe sie ein Jahr lang nicht sauber gemacht. Aber wenn die Frühlingssonne ihre spitze Nase kitzelt, wird sie erst richtig mobil. Sie schultert den Besen, rückt mit dem Staubsauger an und legt Seifenwasserbomben in alle Ecken des Hauses. Hausputz heißt ihre jährliche Schlachtparole, mit der sie ihrem Hauptfeind Staub zu Leibe rückt.
Karl Kramer, Buchhalter einer überregionalen Organisation für Federhalter, arbeitete jahrelang heimlich an einer sinnvolleren Katalogisierung der verschiedenen Mitglieder seiner Organisation. Die traditionelle Einteilung in Schriftsteller, Journalisten, Kritiker und Lektoren erschien ihm zu grob und undifferenziert. Außerdem fand er, man müsse die Bezeichnung der verschiedenen Schreiber dem Namen der Dachorganisation besser anpassen und ihnen federbezogene gut verständliche Titel geben.Bei der letzten Mitgliederversammlung der Federhalter am 31. Oktober dieses Jahres überraschte er die