Den Engländern, einem zweifellos musikliebenden Volke, wird häufig vorgeworfen, daß sie zwar Opernkomponisten, aber keine Nationaloper besitzen. Keine „Meistersinger“, keine „Verkaufte Braut“, keinen „Troubadour“, keinen „Rosenkavalier“ — nichts also, was ihre Wesensart in vielen Abwandlungen kristallisiert und von Generation zu Generation mit neuem Leben erfüllt wird. Nun, das ist nicht ganz richtig. Denn die Engländer haben eine Nationaloper - Shakespeares „Hamlet“. Seit Jahrhunderten berauschen sie sich an der Musik seiner Poesie, erkennen sie ihre eigenen
In der Kunst, wie in der Geschichte, wird man der einschneidenden Begebnisse nur selten gewahr, während sie sich vollziehen. Erst die Nachwelt vermag zu sagen, welches Werk es war, das eine Epoche abschloß oder mit dem eine neue anhob. Als Picasso im Frühjahr 1907 seine „Demoiselles d'Avignon“ zu malen begann, ahnte nicht einmal er selbst, daß damit die kubistische Schule begründet wurde. Richtungen entstehen freilich nicht immer mit einem einzigen Buch, einem einzigen Bild, einer einzigen Komposition. Will man dem Wirken des Zeitgeistes trauen, so wenden sich schöpferische Menschen
Die Propheten unseres Jahrhunderts sind Astrophysiker. Sie tragen keinen Bart und kein wallendes Gewand, sondern Hornbrillen und einen schlecht gebügelten Straßenanzug. Wandeln sie unter uns, so erkennen wir sie nicht. Dennoch schweift ihr Blick, ganz wie der jener biblischen Weisen, weit hinaus über unsere irdischen Räume., Dennoch denken sie sich, wenn auch mit Hilfe von Meßinstrumenten, so nahe wie möglich an die Ewigkeit heran. Mit Solarsystemen spielen sie wie mit Murmeln, und die Genesis wie die Apokalypse bedeuten für sie nur lokale Zwischenfälle in einem unfaßlich viel
London, Ende November„Die Hölle“, schrieb Shelley einmal, „ist eine Stadt, ganz so wie London.“ Es ist ein Gefühl, das jeder Londoner bisweilen mit ihm teilt. Nicht, daß er dieses unübersehbare, rauchgebeizte, ziegelfarbene, häßliche, schöne Häusermeer darum weniger liebte! Es ist nur, daß ihn anfällt, was ein alter amerikanischer Schlager die „big city blues “ nannte — die Verzweiflung des Städters in der Großstadt, jene plötzliche Angst eines Sandkorns am Strand, es könnte vor jedermann, ja vielleicht sogar vor Gott, als mit dem benachbarten Sandkorn verwechselbar