Reisen magst du um die runde Erde, Sehen magst du Wunder über Wunder, Aber wenn du hinfährst nah am Ziele, Heimgekehrt aus piangend-fremder Ferne, Und du schaust die Kuppel überm Strome, Heiter leuchtend, dennoch ernst gesammelt, Und du schaust die jubelgoldnen Mauern, Kühn getürmt und dennoch mild gelagert, Einer hold gesinnten Sphinx vergleichbar. Wie Triumphgesang sich niederschnellend:Ob wir auch umkreist die runde Erde, Ob wir Wunder sahen über Wunder, Österreicher, Brüder, Kleingemute, Da es uns von Gott gesetzt gewesen, Aufzubauen dieses helle Heiltum, Da es sich verneigt vor
i.GHOR DER LEBENDENIhr Entsunknen! Breite Kerzen stecken, Hochgeweihte, wir in eurer feuchten Gräber Randung, daß das Licht euch leuchten, Kranz und Krume sanft euch mögen decken.Ach, ihr Annen, schleicht zur DämmerzeitDurch das Wagenrasseln,Durch das Pf erdetrappeln; Hocket hoch, von Einsamkeit verschneit,Wie die KrähenvögelIn den kahlen Pappeln. Kommt ihr nicht mit scheuem BettlertrittAuf die alten Treppen,An die trauten Türen? Sitzt ihr gramvoll nicht am Tische mit,Sehnend, AltgewohntesWieder zu vollführen?CHOR DER TOTENUnsere Einsamkeit könnt ihr nicht fassen, Menschliche Maße
Straßen ihr, vom Winterwind gefegt, Alle Säule, weiten Platz bekrönend, Glockenschall, vom Dom herunterdröhnend, Saubrer Stadtpark, gittereingehegt:Ach, vom frohen Kinde, das ich war, Muß auf diesen Brücken, diesen Hügeln Eine Spur noch mit dem Winde flügeln Und ein Schatten wandern immerdar.Ob ich dein auch dachte kühl und kaum, Hab ich dennoch, Stadt, dich nie vergessen. Immer wieder, füllend fremden Raum,Haben deine Brunnen, Türme, EssenMeine heiße Seele neu besessen,Neu getränkt in fern geträumten Traum.Aus dem Gedichtband „Lob Gottes im Gebirge, Verlag Anton Pustet,
In der Berge Finsternis verschachtet, Mühsam, grau, getreten und verachtet, Fremden Zufalls schwerbeladner Knecht, Wohnt der Steine lebloses Geschlecht. Stürzt als Schutt geschunden in den Schluchten, Rollt und kollert unter Sturmes Wuchten, Wird vom Bach als Kiesel hingetrieben, Wird vom Firn zermahlen und zerrieben, Liegt am Meeresgrunde schwarz begraben, Wird in Ewigkeit kein Leben haben. Stumpf und tragend, dienend-stummer Haft, Weiß er nichts von Wachstums Gotteskrait, Ahnt nur ängstlich bröckelndes Vergehen, Wird in Ewigkeit nicht auierstehen.Einer aber, gleichen Stoffs
Wer sah an deinem Umriß je sich satt, Dem steil hinragenden in Gischt und Stürme, Du in der weißen Vierzahl deiner Türme Auls Vorgebirge hingestufte Stadt?Du Starkummauerte und Schlankerbaute,Du Überlebende aus Pest und Tod,Du Ersterglühende im Morgenrot,Von feuchter Nebelnacht zuletzt Umgraute 1Wer, in der Inselflur Verschollenheit,Den warmen Mulden, dicht von Wein und Myrte,Erkennte reuig nicht, wie arm er irrteIm Lärm der Welt? Wer spürte nicht im Bogen Der Buchten, mandelblütenüberschneit. Die Maße Gottes, selig ausgewogen?Aus dem Gedichtband „Dalmatinische Sonette“,
Man schrieb Faschingsonntag 1855. Ein linder Frühlingswind strich durch die Straßen des kleinen Städtchens Motta, in der Nähe von Oderzo gelegen, wo Pave von Preradovic, die Gattin des kaiserlichen Majors Petar von Preradovic, mit ihren kleinen Kindern seit Monaten zu Besuch bei ihrer Schwester weilte, um ihre angegriffene Lunge auszuheilen.Man saß gerade beim Mittagessen, die Kinder in Faschingskostümen, als Vizza, das Dienstmädchen, mit fliegenden Haaren hereingestürzt kam und rief, es sei Besuch da, ob der Herr Doktor nicht herauskommen wolle. Aber ehe Miho sich noch erheben konnte,
Purpurne Tiefe, die niemals erlotete, dich will ich loben,Rühmen und nennen dich heiligen Hort mit den echtesten Namen,Ob du auch lächelst des Fluchs und entratest jeglicher Preisung,Eingehüllt in die währende Nacht deiner dröhnenden Stille.Ort aller Trächtigkeit bist du, lebendiger Zukunft Verheißung.Du bist's, darin alles Keimen beginnt, aller Same sich sättigt.Du bist's, von wannen die rauschenden Quellen der Erde entbreohen,Reißende Glut der Vulkane vor Aber-Aeonen entfacht ward.Bist's, drin die Perlen sich runden im wuchernden Sohleime der Krankheit,Drin sich Rubin und Saphir in
In seiner Untersuchung über das Wesen der Dichtkunst sagt Grillparzer: „Was die Lebendigkeit der Natur erreicht und doch durch die begleitenden Ideen sich über die Natur hinaus erhebt, das und auch das nur ist Poesie.“ — Paula von Preradovic tritt jetzt nach längerem nicht freiwilligen Schweigen wieder mit einem Gedichtband hervor, in dem sprühende, sdaöp-ferische Durchgeistigung der Natur, der Umwelt, des persönlichen Erlebens so stark sich offenbart und zum Kunstwerk wird, daß das Wort Grillparzers in dem Schaffen dieser österreichischen Dichterin beispielhaft zur Wahrheit