Während der frühen dreißiger Jahre war mir oft vergönnt, den Dichter und Denker Hermann Broch in seiner Wiener Wohnung zu besuchen. Ein unauslöschlicher Eindruck ist mir von damals geblieben. In all den darauffolgenden Jahrzehnten hat er nachgewirkt. Bis heute hat er die schmerzliche Tatsache von Hermann Brochs Tod vor 20 Jahren überdauert. Vermittelt hat die Bekanntschaft zwischen dem damals Fünfzigjährigen und mir — der zwischen zwanzig und dreißig Jahre zählte — der Dichter und Philosoph Elias Canetti. Hermann Broch schätzte Canettis gerade damals beendetes Schauspiel „Die Hochzeit“. Broch und Canetti setzten sich gemeinsam für meine Erzählung „Kornfeld“ ein. Diese Novelle war auch der Anlaß dafür gewesen, daß Canetti mich zu Hermann Broch gebracht hatte.
So sah die Welt aus — im neunzehn-hundertzweiundvierzigsten Jahr! Pfingster lebt in einem Staat, der sich den Namen Das Reich beilegt Dieses Reich ist ein unabsehbares Labyrinth aus Parteizellen und -blocks. Inmitten des Innersten seiner labyrinthischen Räume haust der wütende Stier, der Menschenopfer ohne Zahl verschlingt. Ihn ahnten ehemals Griechen, die ihm den Namen „Minotauros“ gaben, ganz richtig voraus. Er ist noch heute der, den sich die Griechen vorstellen. Er frißt unaufhörlich Menschen. Ihm opfert man sie.Soeben verlautet die Nachricht: „Übers Meer kommt ein Stiertöter
Mit höchster Schöpferkraft erhob sich der Genius österreichischer Dichtung einmal in der Barockzeit, darnach ein zweitesmal dm ersten Viertel des gegenwärtigen Jahrhunderts. Dazwischen lagen das 18. und 19. Jahrhundert. Gewiß, Schöpfungen aus diesen beiden — Grillparzers etwa, Nestroys, Raimunds' — offenbaren noch immer ihre Größe, heute wie zur Zeit ihrer Entstehung. Dennoch prangt das, was ihnen vorausging (unsere Barockdichtung, etwa bis 1700) und was ihnen folgte (Expressionismus von Däubler und dem frühen Kokoschka, dem Dramatiker, bis zu den Synthetikern Musil, Gütersloh
Glühende Küstenberge der Sierra de Gata — ich durchkletterte auf abenteuerlicher Wanderung diese Steinwüste nördlich von der andalusischeo Hafenstadt Almeria — batten mich fast verbrannt. Felsenmauern der südöstlichen Steilküste hielten mir die grausige Kahlheit starrender Stirnen und Hörner entgegen. So wie der Kletterer nach hilfreichen Vorsprüngen sucht, um sich an ihnen emporzuziehen an senkrechter Wand, so sucht da die verzweifelte Einbildungskraft nach den etwa möglichen Veränderungen in dieser Natur, Denn was hat sie, die Natur, in diesem schrecklichen Küstengebirge
Der Arme, den ein physischer Schmerz, der zunimmt, peinigt, kann ein Held sein. Und doch wird er vielleicht beim Gequältwerden schreien! Beachten wir genau:Eine Haut-, Muskel- oder Nervenregion muß dulden. Ihr Herr könnte zwar seine Disziplinierung „Nein! Ich schreie nicht!“ auf sie einstellen; doch augenblicklich geht es viel stärker ins Zeug, ergreift andere seiner Regionen (so etwa, wenn eine Stichwaffe blitzschnell immer tiefer in unsere Brust eindringt), und unmöglich kann der Herr (der „Ich“- Herr) dieser gequälten Organsubstanz gleichzeitig an allen diesen Punkten seiner
Der Wiener Expressionistendichter Robert Müller richtete vor 40 Jahren an seine Gesinnungsgenossen in Österreich den Zuruf:„Gestalte unmittelbar! Gleichgültig, ob sich die inneren Zusammenhänge mit jenen der Objekte — des schon, wenn auch nicht endgültig Gestalteten — decken. Denn das Sichtbare und Wirkliche ist auch nur eine ehemalige aktivistische Komposition.“Man überlege einmal die Tragweite dieses Ausspruchs. Es besagt nichts weniger, als daß alles Tatsächliche, alles, was uns heute Selbstverständlichkeit ist, irgendeinmal von Aktivisten, von Avantgardisten erobert werden
tun, wo er die demütigende Rolle eines Bittstellers hätte einnehmen müssen, sondern hier auf dem kleinen Ball des Theaters in der Josefstadt, in einer zwanglosen, beinahe intimen Atmosphäre, bei einem Glas Wein.Mladen hatte sich ihm angeschlossen, um ebenfalls sein Glück zu versuchen. Er wollte Hofrat Thaler bitten, ihm eine Gemeindewohnung ohne Ablöse und mit niedrigem Zins zu vermitteln, weil er die Absicht hatte, zu heiraten. Man kann sich natürlich fragen, was das Hof rat Thaler eigentlich anging, der junge Mann sollte nur heiraten, wenn er Lust dazu hatte, oder es bleiben lassen,