In der letzten Zeit haben sich einige neue Ausblicke auf die europäische Einigung eröffnet. In Paris hat sich offenbar ein gewisser Wandel der Ansichten vollzogen, der in Bonn begrüßt wird. Beim kürzlichen Treffen Bundeskanzler Kiesingers mit Staatspräsident de Gaulle wurde dies sichtbar. Mit dem deutschen Außenminister der zwanziger Jahre, Gustav Stresemann, ist man versucht zu sagen, am europäischen Horizont zeige sich ein Silberstreifen.
Der neue deutsche Botschafter In Washington, Rolf Pauls, hat, wenn nicht alles täuscht, gleich für den Anfang einen schwierigen Auftrag erhalten. Bonn sieht den Tag auf sich zukommen, an dem über Unterschrift zum Atomsperrvertrag entschieden werden muß. Für die Regierungskoalition kann dadurch eine Zerreißprobe entstehen. Allerdings ist anzunehmen, daß die Koalition vor den Wahlen trotzdem nicht auseinandergehen wird. Die SPD drängt mit aller Macht, den Vertrag baldigst zu unterschreiben. Außenminister Willy Brandt hat das bereits in aller Öffentlichkeit gefordert, weil er genau
Das Tauziehen um die Nachfolge Eugen Gerstenmai ers als Bundestagspräsident hat eine bemerkenswerte Wandlung der deutschen Demokratie sichtbar werden lassen. Sie hat kein einheitliches und gefestigtes Selbstverständnis mehr. Nach dem Zusammenbruch 1945 war es ausgeprägt. Christdemokraten und Sozialdemokraten vermochten sich, abgesehenvon gesellschaftspolitischen Vorstellungen, meist rasch zu einigen. Inzwischen ist ein anderer Typ von Politikern herangewachsen. Er ist nicht so tief in der Ideologie und in politischen Programmen verwurzelt wie die vorhergehende Generation. Der Typ des
Der vierte und letzte Band der „Erinnerungen“ des verstorbenen Bundeskanzlers Konrad Adenauer kommt soeben auf den Büchermarkt. Der Band ist fragmentarisch geblieben. Er enthält aber die Wiedergabe von Aufzeichnungen, die Adenauer seinerzeit unmittelbar nach den Ereignissen angefertigt hat. Die Wiedergabe der Gespräche, insbesondere mit dem französischen Staatschef de Gaulle, ist von erregender Aktualität. Adenauer erwies sich mit seinen mehr als achtzig Jahren in diesen Gesprächen als ein Staatsmann von erstaunlich moderner Denkweise. Im Jahr 1961 sagte er dem General, was dem Gedanken der Integration Anfang der fünfziger Jahre, zu deren Vätern der frühere Bundeskanzler zählte, angemessen gewesen sei, das werde den Erfordernissen der sechziger und siebziger Jahre nicht mehr entsprechen.