Soviel ich weiß, ist es nur mir gelungen, einen kleinen Teil von Vaters Goldstücken in brauchbares Geld einzuwechseln, solches, für das man Kleidung, Brot oder Milch kaufen kann. Ich bekam die Münzen von Vater, als ich ihm mein Vorhaben, über die Grenze zu flüchten, anvertraute. Wie du weißt, ging ich damals zuerst nach Italien, dann illegal in die Schweiz, wo ich eine Zeitlang im Flüchtlingslager lebte. Die Taler tauschte ich in Zürich in Franken um.Diese Stadt hätte Vater gewiß gefallen, besonders die berühmteBahnhofsstraße, in der jedes zweite Haus eine Bank ist, eine Sparkasse
Bei den Mitschülerinnen war er beliebt. Er war hübsch, hatte ein ovales Gesicht, einen wegstehenden widerspenstigen Bart und blaue, eigentlich hellblaue Augen. Sie nannten ihn „Dichter".„Weshalb rufen sie dich Dichter?" wollte Lea wissen.Lea war das hübscheste Mädchen der Klasse.„Ich weiß es nicht."„Was ist eigentlich ein Dichter?"„Ich weiß es nicht."„Ist das ein Beamter? Ein Mensch, der zeichnet? Der rechnet? Der verkauft? Der kauft? Der kämpft?"„Ich weiß es nicht."„Das ist offensichtlich ein Mensch, der nichts weiß", zürnte
Am Ende des Weges ist meist ein'^Kreuzweg.Das Telefon ist eine unangenehme Erfindung: man muß laut nicken.Flirt ist ein Liebesspiel ohne Tore.Je schwächer die Argumente, desto lauter muß man sie verkünden.Der bürokratische Apparat funktioniert am besten, wenn man ihn mit alten Bestandteilen renoviert.Immer wenn ich ihm die Hand gebe, fürchte ich, daß ich sie nicht mehr zurückbekommen werde.Laut Statistik kommen bei uns zwei Frauen auf einen Mann — bitte zeigen sie mir die zweite.Verehrte Kunden, unr teilen Ihnen mit, daß sich die Unternehmen Skylla und Charibdis fusioniert haben.Je
Immer wenn ich Kafka lese, bin ich erstaunt, wie idyllisch das Leben zu seiner Zeit war.Auch die Vergangenheit ist manchmal schwer vorauszusagen.Der Kapitalismus befindet sich in einer Krise. Es gibt für die Arbeitslosen aus den sozialistischen Ländern keine Arbeitsplätze mehr.Eine Megatonne ist die kleinste Einheit, mit der unsere Megalomanie gemessen wird.Auch die Atheisten glauben an den Teufel.Ich habe nichts gegen den Atomkrieg, solange man meine Atome in Ruhe läßt.Frauen lieben Sieger — die sich besiegen lassen.Auch Noah war nicht ohne Sünde. Man hat festgestellt, daß seine
Der letzte Verhandlungstag gleicht dem Ende eines Boxkampfes, jenem entscheidenden Augenblick, da beide Rivalen ungeduldig darauf warten, daß der Schiedsrichter einem von ihnen als Sieger die Hand hochhalten würde.Der letzte Verhandlungstag ist sehr kurz. Der Richter verliest das Urteil und dessen Begründung in winzigen zehn Minuten. Aber während du in der Zelle darauf wartest, zum Gerichtssaal gebracht zu werden, während dir der Aufseher auf dem Flur die Handschellen abnimmt, während du auf der Anklagebank herumrutschst, scheint die Zeit stehengeblieben zu sein.Endlich treten
Die Kirche hat sich vom Staat scheiden lassen und hat die Kinder behalten.Manche berufen sich nur deshalb auf den jungen Marx, weil er damals noch kein Kapital hatte.„Die Zukunft liegt in euren Füßen“ sagte der General den Soldaten vor dem Rückzug.Die Abwertung ist ein Wettkampf, bei dem im Endspurt die Preise über die Gehälter siegen.Ewige Lieben pflegen in den mittleren Jahren einzugehen.Für die Liebe auf den ersten Blick ist gewöhnlich der zweite Blick schicksalhaft.Am härtesten ist der Klassenkampf unter Mitschülern.Nur aus ideologischer Neigung stehlen die Atheisten
Die Heimat war seine erste Liebe, aber er nahm eine andere.Je höher die Lebenshaltungskosten, um so wertloser das Leben.Er war solch ein Snob, daß er sich nur vom Barbier von Sevilla rasieren ließ!Unsere Landwirtschaft ist zwar unproduktiv, aber dafür human: sie hat mehr Futtertröge als Schweine.Der Fernseher ist ein Möbel mit der schlechten Eigenschaft, häufig Blödsinn zu reden.Generäle müßten von Zeit zu Zeit zur Generalüberholung.Die Natur ist ungerecht: Hunde können nicht sprechen, während doch Menschen hervorragend bellen.Wir haben dieselben Rechte; nur die Unrechte
Jeder Major träumt davon, eines Tages vis major zu werden.Die neueste technische Errungenschaft: Bügeleisen fürs Gehirn.Der Mensch ist ein Untermieter in der eigenen Haut.Die Brieftasche ist ein Panzer fürs Herz.Es ist gefährlich, sich in die Privatangelegenheiten des Staates einzumischen.Wir bauen eine neue Welt auf - mit den Krediten von der Alten.Alle Politiker sind bemüht, in die Geschichte einzugehen trotz der schlechten Gesellschaft, die sie dort erwartet.Die Natur ist ungerecht, sie gab den Arabern das Ol und den fliegenden Teppich noch obendrein.Offene Köpfe werden von innen
Er konnte sich nicht mehr mit Sicherheit daran erinnern, wann er zum erstenmal den Verdacht geschöpft hatte, in der Stadt einen Doppelgänger zu haben. Vielleicht war dies damals, als ihn im Park ein völlig unbekanntes Weibsbild ansprach und behauptete, sie wären letzten Samstag für ein Treffen verabredet gewesen. Oder als ihn der Zeitungsverkäufer am Eck fragte, warum er an einigen Tagen zwei Exemplare ein und derselben Zeitung kaufe, das erste in der Früh, das zweite zu Mittag. Seinen unangenehmen Verdacht bestätigte dann endgültig eine Fotografie, die er in der Auslage eines
Žarko Petan wurde 1929 geboren und lebt in Ljubljana. Er ist Schriftsteller, Regisseur, Hörspielautor - und Meister scharfgeschliffener, an den „unfrisierten Gedanken“ eines Stanislaw Jerzy Lee geschulter Aphorismen. Eine Auswahl erschien im Styria Verlag, Graz 1979 („Mit leerem Kopf nickt es sich leichter“, 100 Seiten, öS 98,-). Es ist Petans erstes Buch in deutscher Sprache. Hier einige Proben.