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Die Basis wurde schmäler

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Gegen die Fünf-Tage-Woche in der Schule ist Gerhard Track, Direktor des Konservatoriums der Stadt Wien.

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Gegen die Fünf-Tage-Woche in der Schule ist Gerhard Track, Direktor des Konservatoriums der Stadt Wien.

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i)ikFt;r.chk: Mit der Nachmittagsbetreuung ab Herbst 1994 werden Ihnen sowohl die Räume wie die Kinder streitig gemacht?

Gerhard Track: Die Probleme - in der Ganztagsschule wie in der Fünf-Tage-Woche - sind vielfältig. Einerseits sind die Kinder länger in der Schule, die physische Kraft ist weniger, andererseits fehlt die elterliche Unterstützung - die Eltern begleiten die Kinder nicht mehr in die Geigenstunde. Schon heuer hatten wir 300 Kinder weniger in den Kindersingschulen - die räumlich in Volksschulen untergebracht sind.

DIEFURCHE: Gibt es eine Ideallösung?

Track: Die neueren Musikschulen sind nicht mehr in den Gebäuden der Pflichtschulen untergebracht, ein Idealfall ist unsere Musikschule 10 A in Favoriten. Dort sind im selben Gebäude die Schule wie die Musikschule integriert. Die Kinder wechseln die Räume in Hausschuhen. Der Schul- und der Instrumentalunterricht sollten -trotz verschiedener Institutionen - koordiniert sein und musikalische Spezialausbildungen ermöglichen. Das gilt übrigens auch für den Sport -auch da müßten Kinder für Spezialtrainings vom allgemeinen Turnunterricht befreit sein. Das amerikanische Modell - obzwar nicht ideal -erlaubt eine solche frühe Spezialisierung.

DIEFURCHE: Der oft zitierte Streichermangel, gibt es ihn? Track: Ja und nein. Es gibt noch immer sehr viele gute Streicher, aber einen Mangel an Orchestermusikern. Das hängt mit der Weigerung des besten österreichischen Orchesters zusammen, Frauen aufzunehmen und mit den Wünschen der Musiker und Musikerinnen. Sie ziehen heute eine freie, teils solistisch- teils kammermusikalische Beschäftigung einer fixen Anstellung vor. Dabei fördern wir intensiv das Orchesterspielen. Es gibt vier Orchester im Haus, die - im Unterschied zur Hochschule -nicht in komprimierten Arbeitsphasen probieren, sondern übers Jahr verteilt in wöchentlichem Unterricht. Im nächsten Jahr präsentieren wir 31 Orchesterkonzerte - nicht eingerechnet die Opern-, Musical- und Ballettabende.

DIEFURCHE: Ein oft gehörtes Problem Ist das Niveau bei den Musikern abgesunken? track: Vergleichsweise weniger, als zu erwarten war. Daß das Niveau nicht zu sehr abgesunken ist, liegt auch am Zuwachs an ausländischen Kindern der Musikschule. Es gibt auch jetzt Spitzen, aber die Basis ist enger geworden. Die Pyramide ist gleich hoch, aber spitzer.

DIEFURCHE: Welche Lösung schlagen sie vor? track: Spezieller Musikunterricht auch in den Volksschulen. Warum soll ein Lehrer alles unterrichten? Wir haben dafür ja die Lehrer aus der Kindersingschule. Das würde keinerlei zusätzliche Kosten verursachen. Erst in der Mittelschule Musikunterricht anzubieten, ist viel zu spät.

DIEFURCHE: Welche Maßnahmen planen Sie, um die Musikschulen an den Musikmarkt anzugliedern? Messestand, Sponsorenverträge mit Musikverlagen, ...

Track: Im Moment unterstützen uns Elternvereine und Bezirksvorsteher. Die finanzielle Situation ist in Wien insofern anders, als das Geld zur

Gänze aus einem Topf - von der Gemeinde kommt, während in den Bundesländern Gemeinde und Land sich die Kosten teilen.

DIEFURCHE: Zuzüglich der Unterrichtsgebühren von den Schülern ...

Track: Es gibt ab und zu private Beziehungen zu Vätern, die etwa ein Tonstudio haben. Aber, obwohl unsere Musikschüler wirklich die Hauptabnehmer von Notenmaterial und Instrumenten sind, existieren keine Sponsorenverträge mit Verlagen oder Instrumentenherstellern.

Das Gespräche führte Irene Suchy.

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