Esperanto und die babylonische Sprachverwirrung - © Pexels

Esperanto oder der Plan von der Sprache nach Plan

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Ein Name wie ein schlechter Scherz - Volapük. Dahinter verbarg sich jedoch ein ernsthafter Gedanke: Zum Zweck internationaler Verständigung hatte der Konstanzer Pfarrer Johann Martin Schleyer im Jahr 1878 englisches Wortmaterial zu einem neuen, sprachlichen Konstrukt verfremdet: Eine Weltsprache (vola - world und pük - speak) sollte entstehen.

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Ein Name wie ein schlechter Scherz - Volapük. Dahinter verbarg sich jedoch ein ernsthafter Gedanke: Zum Zweck internationaler Verständigung hatte der Konstanzer Pfarrer Johann Martin Schleyer im Jahr 1878 englisches Wortmaterial zu einem neuen, sprachlichen Konstrukt verfremdet: Eine Weltsprache (vola - world und pük - speak) sollte entstehen.

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Tatsächlich fand sie in Deutschland, Österreich und der Schweiz Verbreitung. Kein Jahrzehnt später, 1887, publizierte der polnische Augenarzt Ludwig Lazar Zamenhof eine 40-seitige Broschüre und seine Vorstellungen einer neutralen Verkehrssprache. Ihr (einprägsamerer) Name: Esperanto.

Eine neutrale Sprache sollte seine von ethnischen Konflikten gebeutelte Heimatstadt Bialystok (damals Russland, heute Polen) aus dem Dilemma führen. Die Vision des jüdischen Arztes: Aus relativ wenigen Elementen sollten so viele Wörter wie möglich gebildet werden. Gab Zamenhof mit rund 1.000 Stammwörtern vorwiegend romanischen und germanischen Ursprungs sowie einigen Vor- und Nachsilben nur Grundzüge vor, so entwickelte sich die Plansprache kontinuierlich weiter: Heute enthält das umfangreichste Esperanto-Wörterbuch rund 15.000 Stamm-Wörter, die mit Hilfe von 40 Prä- und Suffixen zu insgesamt 100.000 Wörtern geformt werden können.

Die Prinzipien sind einfach: Deutet etwa die Endung -o immer auf ein Hauptwort hin (patro - Vater), so verweist -a ausnahmslos auf ein Adjektiv (bona - gut). Die Silbe -in- beschreibt die weibliche Form (knabo - Knabe; knabino - Mädchen). "So erspart man sich eine Menge Vokabellernen", weiß Helga Farukuoye vom Internationalen Esperanto-Museum in der Wiener Hofburg. Vor allem Kindern könnte die Sprache durchaus dienlich sein, ist Farukuoye überzeugt: "Der erste Fremdsprachenerwerb ist der schwerste, weil man sich der Grammatikstruktur bewusst wird. Deshalb sollte man in der Volksschule mit Esperanto beginnen". Ein Schulversuch in Finnland hätte gezeigt, dass Kinder, die als erste Fremdsprache Esperanto und erst ein Jahr später Englisch lernten, ihre Kollegen nach bereits drei Jahren mit ihren englischen Sprachkenntnissen überrundeten.

Obwohl sich Esperanto bis heute nicht wirklich als internationale Verkehrssprache durchsetzen konnte, haben sich geschätzte 16 Millionen Menschen weltweit und 3.000 in Österreich die (kleine) Mühe gemacht, die Plansprache zu erlernen. Vorbild könnte ihnen Leo Tolstoi sein: Er lernte Esperanto innerhalb weniger Stunden.

Weitere Infos im Esperanto-Museum in der Österreichischen Nationalbibliothek. Kostenloser Esperanto-Kurs unter www.esperanto.de.

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