Mit dem Kopf im All, die Beine auf dem Boden

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Leichte Aufgaben hat er sich noch nie ausgesucht. Es ist fast typisch, dass der Obersteirer Hans Sünkel, seit 2003 Rektor der Technischen Universität Graz, sich zum Präsidenten der Rektoren wählen ließ. Konsequent will Sünkel Regierung und Gesellschaft klarmachen, dass mehr in die Universitäten investiert werden muss. „Die Jugend ist zwar nur 20 Prozent der Bevölkerung, aber 100 Prozent der Zukunft unseres Landes.“ Er hat Verständnis für die Anliegen der Studierenden, obwohl die Besetzungen jetzt ein Ende haben sollten.

Als er nach dem Gymnasium in Stainach seinen unfreiwillig verlängerten Grundwehrdienst beendet (der Prager Frühling wird 1968 brutal niedergeschlagen), will er Chemiker werden. Aber weil ein Kollege für ihn an der TU Graz Vermessungswesen inskribierte und weil zur rechten Zeit mit Helmut Moritz ein grandioser Mentor zur Stelle war, wurde Sünkel Satellitengeodät. Das Studium schloss er in Ohio/USA, dem Mekka der modernen Satellitengeodäsie, ab, danach kehrte er als Assistent an die TU Graz zurück. Er bringt Internationalität mit und den Drang zur absoluten Spitze. Lehr- und Forschungsaufenthalte führen ihn nach Kanada, in die USA und China, 1983 wird er zum Professor für mathematische und numerische Geodäsie an die TU Graz berufen.

Der Weltraum fasziniert Hans Sünkel seit seiner Jugend: Ein tiefer Eindruck wird der Start des ersten Satelliten „Sputnik“ 1957, just an seinem 9. Geburtstag. Bereits Uni-Professor, bewirbt er sich als „Austronaut“ für die Austromir-Mission. Eineinhalb Jahre lang trainiert er nebenher – doch Franz Viehböck fliegt ins All. Stattdessen wird Sünkel 1990 Leiter der Abteilung für Satellitengeodäsie des Instituts für Weltraumforschung der Akademie der Wissenschaften, 2001 Direktor des gesamten Instituts. Trotz seiner Wahl 2003 zum ersten Rektor der Technischen Universität nach dem neuen Uni-Statut will er die Forschung nicht aufgeben. Arbeitstage, die um 4 Uhr früh beginnen, werden zur Regel. Während er der TU Graz „Weltspitze“ verordnet, treibt er die internationale Satellitenmission „Goce“ voran, die am 17. März 2009 startet. Jedoch sagt er ab, Präsident der Akademie der Wissenschaften zu werden. Wegen der Familie und wegen der TU Graz. Höhepunkt und Abschluss seiner achtjährigen Rektoratszeit wird 2011 die 200-Jahrfeier der TU Graz sein.

Während seines Rektorats wurde die Drittmittelleistung der TU Graz verdoppelt. Wofür bleibt da noch Platz? Sünkel würde sich verbitten, seine wichtigste Freizeitbeschäftigung, die Familie – seine Gattin Ilse, zwei Kinder, zwei Enkelkinder – als Hobby zu bezeichnen: „Die Familie ist mir wahnsinnig wichtig, da blühe ich auf.“ Als Leidenschaft könnte man Wochenendhaus mit Solaranlage über dem heimatlichen Rottenmann in der Obersteiermark bezeichnen, wo der 61-Jährige erst 700 Höhenmeter hinaufläuft und dann mit der Motorsäge werkt. Wenn er sagt, „Konzentration auf das, was ich tue, und die Liebe und Begeisterung zu dem, was ich mache“, seien die Geheimnisse seines Erfolges, erklärt es den Kern seiner Kompetenz. Ein offener Geist, die Fähigkeit des Zuhörens, Humor und Leistungswille charakterisieren seine Persönlichkeit. Als er heuer zum Mitglied der Europäischen Akademie der Wissenschaften berufen wurde, kommentierte er dies mit dem Satz: „Es ist ein Highlight meines Lebens, das mein ganzes Team ehrt.“ Eine typische Antwort des Rottenmanners.

* Der Autor ist Redakteur der „Kleinen Zeitung“

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