Universitäten auf Sparkurs

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Neben der gesetzlichen Universitätenkonferenz bildete sich die Wissenschaftskonferenz, um die unabhängigen Institute zu vertreten. Ihr Erfolg scheint ungewiss.

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Neben der gesetzlichen Universitätenkonferenz bildete sich die Wissenschaftskonferenz, um die unabhängigen Institute zu vertreten. Ihr Erfolg scheint ungewiss.

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"Uni brennt!" hieß es kampfeslustig vor etwas mehr als einem Jahr. Damals hielten ob der heimischen Universitätspolitik erboste Studierende das Wiener Audimax 61 Tage lang besetzt. Als das Wissenschaftsministerium Mitte November diesen Jahres in einer Abendgala sein 40-jähriges Bestehen feierte, waren es ein paar Handvoll Aktivisten, die vor der Aula der Akademie der Wissenschaften protestierten. Das Fanal des Widerstandes ist zum Flämmchen verglimmt. Dabei sind die Probleme keineswegs gelöst.

Die dringlichsten Fragen betreffen den freien Unizugang, also Pro und Contra Studiengebühren, sowie mögliche Zugangsbeschränkungen zu den Massenstudien. Die in der Universitätenkonferenz (Uniko) organisierten Rektoren begrüßen beides, weil sich sonst die gebotene Qualität der Lehre nicht aufrechterhalten ließe.

Darüber thront das ungelöste Problem der Unterfinanzierung. Dem von Wissenschaftsminister Hahn 2009 ausgerufene Hochschuldialog war kein erfolgreiches Ende beschieden. Eigentlich sollten die involvierten Interessensgruppen in mehreren Arbeitskreisen Pläne für die Zukunft der Hochschulen schmieden. Doch die Uniko verließ die Gesprächsrunden bereits im März, im Mai folgte die Österreichische Hochschülerschaft (ÖH). Der im Juni vorgelegte Abschlussbericht enthielt dann auch mehr Vages denn Konkretes und wurde lediglich von der Wirtschaftskammer gelobt.

Die Gespräche werden auch 2011 weitergehen, wenngleich mit teilweise neuen Köpfen. So wird etwa die Hälfte der Rektoren nächstes Jahr neu gewählt. Bei einigen gilt eine Wiederwahl als ausgemachte Sache, andere haben ihren Rücktritt bereits bekannt gegeben. So etwa Georg Winckler von der Uni Wien oder Hans Sünkel von der TU Graz. Letzterer gibt damit auch seine Position als Uniko-Präsident auf. Die Vermutung, er habe es satt, gegen Windmühlen zu kämpfen, dementiert Sünkel jedoch entschieden: "Universitäten brauchen Dynamik", sagt er. "Es wäre unglaubwürdig, wenn ich Veränderung einfordere, aber nicht selbst vorlebe." Sünkel wird sich künftig wieder seinen Aufgaben als Wissenschaftler und Professor widmen. "Im Inland oder im Ausland", wie er kryptisch anmerkt.

Grundlagenforschung fehlen Mittel

Die Universitäten sind indes nur ein Schauplatz der sukzessiven Marodisierung des Wissenschaftsstandortes. Ein Blick auf das Budget des Wissenschaftsfonds FWF beispielsweise zeigt, dass der Grundlagenforschung magere Zeiten bevorstehen.

Schon jetzt können lediglich 25 Prozent der Förderanträge bewilligt werden. Mit jährlich 160 Millionen Euro bis 2013 wird sich dieser Schlüsselindikator nicht erhöhen lassen. Nicht viel besser geht es der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, die ab nächstem Jahr mit noch nicht bekannter, aber jedenfalls konstanter Basisfinanzierung ein Auskommen finden muss. Zuletzt betrug ihr Basisbudget 87,5 Millionen Euro. Internationale Spitzeninstitute wie das Institut für Molekulare Biotechnologie (IMBA) oder das Institut für Quantenoptik und Quanteninformation (IQOQI) benötigen allerdings neue Instrumente und Geräte, um auch weiterhin international sichtbar bleiben zu können. ÖAW-Präsident Helmut Denk befürchtet, dass möglicherweise bis zu zehn Prozent der rund 1300 Mitarbeiter entlassen werden müssen und fazitiert drastisch: "Wir sind leider ein wissenschaftliches Entwicklungsland."

Mit Bekanntwerden des in Loipersdorf ausgearbeiteten Sparbudgets erhärteten sich auch Befürchtungen bei den etwa 70 "unabhängigen" Forschungseinrichtungen, also jenen, die nicht der öffentlichen Hand zugehören. Ihre Basissubventionen werden ab 2011 um die Hälfte reduziert, ab 2011 komplett gestrichen. Die Betroffenen, darunter namhafte Einrichtungen, wie das Österreichische Forschungsinstitut für Artificial Intelligence (ÖFAI) oder das Internationale Forschungszentrum Kulturwissenschaften (IFK), haben sich zur neu geschaffenen Interessensvertretung "Wissenschaftskonferenz" formiert. Dass die Proteste der unabhängigen Forscher erhört werden, ist bedauerlicherweise dennoch unwahrscheinlich.

Die Zahl ihrer per Onlineunterschrift deklarierten Unterstützer hat sich bei knapp 19.000 eingependelt - eine wahlentscheidende Gruppe ist das nicht. Sollte sich die Regierung nicht bewegen, würde Initiator Peter Bruck von den Research Studios das "mit großem Bedauern zur Kenntnis nehmen". Einen Plan B gibt es nicht, wie er einräumt. "Unsere Aufgabe ist es, die Verantwortlichen auf die Folgen ihrer Entscheidungen hinzuweisen", sagt er.

Eine solche Folge wird etwa das Versiegen von Geldflüssen aus EU-Forschungsprogrammen sein. Als Alternative zur Schließung sieht das Wissenschaftsministerium eine Angliederung mancher Einrichtung an Universitäten oder die ÖAW vor. Dieser "Strukturbereinigung" können die Betroffenen nichts abgewinnen. "Es wäre völlig falsch, Wissenschaft in das monolithische System der Universitäten zu stecken", sagt Bruck. "Die unabhängige Forschung agiert unternehmerisch, flexibel und bedarfsorientiert. Sie ist damit ein wesentliches Modell im 21. Jahrhundert."

Unis erhalten ein Viertel des Gewünschten

Für Forschung und Wissenschaft sieht die Regierung nur an zwei Stellen ein budgetäres Plus vor. Die Universitäten bekommen von 2011 bis 2014 pro Jahr um 80 Millionen Euro mehr. Das ist freilich weit entfernt von den gewünschten 300 Millionen, die ab 2013 benötigt werden, um den universitären Betrieb aufrechtzuerhalten.

Grund zur Freude haben lediglich die Unternehmen. Dank der vorgesehenen Erhöhung der Forschungsprämie von acht auf zehn Prozent erhalten Firmen künftig ein Zehntel ihrer F&E-Aufwendungen vom Staat zurück. Dafür sind im Budget zusätzliche 100 Millionen Euro locker gemacht worden. Das mag sich mittelfristig zwar positiv auf das Bruttoinlandsprodukt auswirken. Das offizielle Ziel, Österreich bis 2020 in die Top 3 der europäischen Innovationsnationen zu hieven, rückt zugleich in weite Ferne.

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