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Kleines Ja, großes Aber

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Mehr Autonomie, eine bestriebs-ähnliche Organisation, die zu mehr Qualität, Effizienz und Kostenwahrheit führt, Rektoren als „Spitzenmanager" des Großbetriebes Universität: Das soll die Universitätsreform bringen. Hineinverpackt sind aber auch Punkte, die auf Widerspruch und Ablehnung stoßen, so der Modus der Rektorenwahl, die „Allmacht" von Studiendekanen und der Plan, „Ein-Mann-Institute" zusammenzulegen.

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Mehr Autonomie, eine bestriebs-ähnliche Organisation, die zu mehr Qualität, Effizienz und Kostenwahrheit führt, Rektoren als „Spitzenmanager" des Großbetriebes Universität: Das soll die Universitätsreform bringen. Hineinverpackt sind aber auch Punkte, die auf Widerspruch und Ablehnung stoßen, so der Modus der Rektorenwahl, die „Allmacht" von Studiendekanen und der Plan, „Ein-Mann-Institute" zusammenzulegen.

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Mit 31. März endet die Begutachtungsfrist für den Entwurf zum Uni-versitätsorganisationsgesetz 1993 (UOG '93). Wenn es danach gelingt, noch etliche Korrekturen am Gesetz anzubringen, ist man - so wird an der Universität für Bodenkultur wie an der Technischen Universität Wien betont - bereit und in der Lage, die neuen Strukturen durchzuziehen.

Erhard Buseks Grundidee für diese Reform ist die weitgehende Stärkung der Autonomie der Universität. Sie wird allgemein begrüßt. Klarere Entscheidungskriterien, Verminderung der ministeriellen Bürokratie, dadurch mehr Eigenverantwortung, sollen eine bessere Identifikation der Universitätsangehörigen mit ihrem Haus und damit größere Effektivität bringen. Manfried Welan, Rektor der „Boku", faßt zusammen: „Großes Ja, kleines Aber!" Im Durchschnitt seiner Kollegen dürfte das, Ja" kleiner, das „Aber" größer sein.

Welan erinnert daran, daß ein großer Teil der in den Entwurf eingeflossenen Vorstellungen in der Rektorenkonferenz, stark beeinflußt von seinem Vorgänger Werner Biffl, geboren wurden. Über Details gehen die Meinungen noch auseinander.

Herta Firnbergs UOG 1975 stand-zeitbedingt - unter dem Motto der Demokratisierung, der Mitbestimmung aller Gruppen von Hochschulangehörigen. Es führte zur „Sitzungsuniversität", in der jede Einzelentscheidung im Kollegialorgan getroffen werden sollte und die akademischen Funktionäre weitgehend machtlose Erfüllungsgehilfen waren. Der Motivenbericht zum neuen Gesetz läßt in amtsdeutscher Höflichkeit erkennen, wie negativ sich diese Ideen ausgewirkt haben.

Das Arbeitsübereinkommen der Koalitionsregierung hielt 1990 fest, daß „die demokratisch verfaßten Universitäten zu selbständigen, für ihre Leistung verantwortlichen Einrichtungen" werden sollten. Eine „betriebsähnliche Organisation" solle zu mehr „Qualität, Effizienz und Kostenwahrheit" führen. „Budgethoheit, Personalhoheit und Organisationshoheit" sollten „mit Verantwortung im Rahmen staatlicher Richtlinien und Aufsicht" ausgebaut werden.

Deswegen sollen nun alle Einzelentscheidungen, die bisher im Ministerium fielen, in den Eigenbereich verlegt werden. Lediglich die Aufsicht bleibt bei Ministerium und Rechnungshof. Vor allem werden die Universitäten nun selbst über das zugewiesene Budget, über die Anstellung von Personal und die innere Gliederung entscheiden können.

Dazu muß jedoch die Entscheidungsfindung in der Universität verbessert werden. Deswegen soll unterschieden werden zwischen den „strategischen" (kollegialen) und den „exekutiven" (monokratischen) Organen. Im Klartext: Der Rektor war bisher der nur ausführende Vorsitzende des Senats, der Dekan jener der Fakultät, der Institutsvorstand jener des Instituts. Nun erhalten alle diese Gremien eigene Vorsitzende, werden aber auf die Erlassung von „generell abstrakten" Richtlinien beschränkt. Die Entscheidung liegt beim „monokratisch" agierenden Rektor, Dekan oder Institutsvorstand.

Rektor Peter Skalicky von der TU Wien - wo sich eine Senatskommission von 50 Mitarbeitern mit allen Details des Gesetzesentwurfes auseinandergesetzt hat - begrüßt zwar die neue Form; ihm scheint jedoch das Kollegialorgan etwas zu sehr in den Hintergrund gedrängt. Seiner Meinung nach müßte es genügen, aus dem Text die Worte „generell abstrakt" zu streichen, um diesen Mangel zu beheben.

Der Rektor der neuen Universität wird der Spitzenmanager eines Großbetriebs sein, verantwortlich für ein viele Millionen umfassendes Budget. Die Übergabe vieler Zuständigkeiten, die bisher im Ministerium wahrgenommen wurden, entbindet jedoch den Wissenschaftsminister nicht von seiner Ministerverantwortlichkeit

über das gesamte Hochschulwesen. Deswegen verteidigt Minister Busek den Passus im Entwurf, der vorsieht, daß der Rektor von der Universitätsversammlung aus einem vom Minister erstellten Dreiervorschlag gewählt werden soll.

Hier liegt einer der Konfliktpunkte, da die Universitäten - wohl nicht zu Unrecht - darin eine Einschränkung der neuen Autonomie zu sehen glauben. Die Funktion des Rektors ist laut Entwurf auszuschreiben. Die Bewerbungen sind vom Senat zu bewerten und an den Minister weiterzugeben, der daraus seinen Dreiervorschlag erstellt. An der TU Wien ortet man darin die Möglichkeit unerwünschter Einflußnahme.

Daß der Minister mehr als bisher wenigstens ein Vetorecht bei der Rektorswahl braucht, wird nicht bestritten. Aber es müßte doch auch andere Möglichkeiten geben, die der Empfindlichkeit der Professoren entgegenkämen. Etwa die Erstellung eines Dreiervorschlags im Senat, aus dem der Minister-an die Reihung gebunden - den Rektor zu ernennen hätte (Welan). Eine Abweichung von der Reihung wäre öffentlich zu begründen. Oder die Vorlage eines Dreiervorschlags des Senats beim Minister, der dagegen ein Einspruchsrecht hätte, bevor die Universitätsversammlung wählt (Skalicky).

Zur besseren Betreuung der Studienbelange sieht der Gesetzesentwurf Studiendekane vor, die mit der Studienkommission der jeweiligen Studienrichtung zusammenarbeiten. Dieser Punkt stößt ebenfalls auf Widerspruch.

Den Studenten ist der Studiendekan wegen seiner „Allmacht" in Studienbelangen verdächtig. Die Dekane der geisteswissenschaftlichen und der naturwissenschaftlichen Fakultäten halten es für unmöglich, für jede ihrer mehr als 40 Studienrichtungen einen eigenen Studiendekan einzusetzen. Und auch die Senatskommission der TU Wien sähe lieber „Beauftragte" der Studienkommissionen. Sie wären flexibler. Ein aktiver Universitätslehrer könnte nie alle im Gesetz aufgezählten Aufgaben des Studiendekans von der Sicherstellung des Lehr- und Prüfungsbetriebs über die Zuteilung von Lehraufträgen bis zur Nostrifizierung ausländischer Studientitel und zur Aberkennung akademischer Grade nebenamtlich wahrnehmen, wird betont.

Während die Trennung von Kollegial- und Exekutivorgan im Senat und an der Fakultät begrüßt wird, sollte am Institut der Institutsvorstand auch Vorsitzender der Institutskonferenz bleiben, meinen die Gutachter der Universitäten. Die enge Zusammenarbeit auf unterster Ebene hat sich bewährt. Warum sollte man sie ändern?

Die Frage der Größe der Institute ist nach wie vor der Dauerbrenner der Diskussion. Der Gesetzentwurf sieht vor, das Institut solle personell „so ausgestattet sein, daß für die Funktion des Ihstitutsvorstandes wenigstens drei (habilitierte) Personen zur Wahl stehen". Die Zusammenlegung der „Einmann-Institute", von denen es nach wie vor eine große Anzahl gibt, wurde schon vor 25 Jahren diskutiert. Der Widerstand ist nach wie vor groß.

Rektor Skalicky: Im Gesetz sollte die Zielrichtung vermerkt werden, es aber der Satzung überlassen bleiben, zu entscheiden, welche Institute zusammengelegt werden könnten. Sonst kämen „Stahlbau" und „Stahlbetonbau" in ein Institut, nur weil beide mit „Stahl" beginnen...

Im Sinn der neuen Autonomie soll in Hinkunft ein „Universitätskuratorium" die globale Zuteilung der Budgets an die Universitäten vornehmen und für die universitätsübergreifende Planung zuständig sein. Nach dem Entwurf würden in dieses elfköpfige Gremium nur zwei Vertreter der Universitäten entsandt. Diese fordern eine stärkere Vertretung. Busek hat sich verhandlungsbereit erklärt.

Es sollte also doch möglich sein, eine Endfassung des UOG '93 zu erarbeiten, die beide Seiten halbwegs zufriedenstellen könnte. Auf einer Idealfassung zu bestehen, wäre Illusion.

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