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Der Teufel sitzt im Detail

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Das erste Jahr der Durchführung des Universitätsorgani-sationsgesetzes geht seinem Höhepunkt entgegen. Im Juni werden zum ersten Mal die akademischen Funktionäre von Vertretern aller Universitäten Gruppen gewählt. Die Neuformung der Kollegialorgane vom Senat bis zum Institut geht voran. Auch hier wieder zeigt sich, daß der Teufel im Detail sitzt.

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Das erste Jahr der Durchführung des Universitätsorgani-sationsgesetzes geht seinem Höhepunkt entgegen. Im Juni werden zum ersten Mal die akademischen Funktionäre von Vertretern aller Universitäten Gruppen gewählt. Die Neuformung der Kollegialorgane vom Senat bis zum Institut geht voran. Auch hier wieder zeigt sich, daß der Teufel im Detail sitzt.

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Es wäre unnatürlich, wenn es bei der Durchführung eines so entscheidenden Reformgesetzes • keine Schwierigkeiten gäbe. Unter diesem Aspekt verlief die Umstellung bisher fast reibungslos. Befürchtungen, die Professoren — von denen man behauptet hatte, sie würden ihre Privilegien mit allen Mitteln verteidigen — könnten die Verwirklichung boykottieren, waren ebenso grundlos wie die Angst vor einer neuen Radikalisierung der Studenten. Das heißt noch lange nicht, daß eitel Wonne herrschte über das, was das UOG an Veränderuntgen über die höchsten Bildungsanstalten ausschüttet. Aber man ist bereit, mitzumachen und zerbricht sich auch selbst den Kopf über Lösungsmöglichkeiten, wo Gesetz und Durchführungserlässe Fragen offenließen.

So ging die Bildung der Wahlkommissionen — sie haben die Aufgabe, die Mittelbauvertreter in die Kollegialorgane zu delegieren — allerorts über die Bühne, obwohl die Dienststellenausschüsse, aus denen die Mitglieder nominiert werden sollten, , nicht genügend „Potential“ aufwiesen. Man half sich darüber hinweg, indem man auch Kollegen außerhalb des Ausschusses einbezog.

Die Zusammensetzung der Gremien hängt in ihrem Umfang von der jeweils vorhandenen Zahl besetzter Professoren-Dienstposten ab. Diese Zahl ändert sich, nach oben, wenn neue Professoren berufen oder ernannt werden, nach unten, wenn welche sterben, emeritiert, pensioniert oder wegberufen werden. Wie soll sich dann die Zahl der Mittelbauvertreter und der Studenten auf die neue Zahl einpendeln? Auch hier blieb das Gesetz die Antwort schuldig. Zuerst reagierten die Innsbruk-ker und setzten fest, wer jeweils

zurücktreten oder nachrücken solle. Andere schlössen sich diesem Beispiel an. Die Frage macht keine Schwierigkeiten mehr.

Die Universität für Bildungswissenschaften in Klagenfurt war die erste, die ihr Universitätskollegium — das oberste Kollegialorgan der Universitäten ohne Fakultätsgliederung — im Jänner konstituierte. „Boku“ und Wirtschaftsuniversität wollten im März folgen; da aber kam es zu Schwierigkeiten: Müssen die Mitglieder der Kollegialorgane auch bereit sein, in den Kommissionen Dienst zu tun? Mindestens fünf verschiedene Kommissionen sind pflichtmäßig vorgesehen, zusätzliche sind zu erwarten. Kann man sich die

Arbeit mit dem zuständigen Ersatzmann aufteilen?

Der „Kommissionerlaß“ des Ministeriums sagte nein — die Mitglieder müssen auch in den Kommissionen sitzen. Die Ersatzleute treten erst dann an, wenn das Mitglied dauernd verhindert ist. Eine starke Belastung, auch wenn man berücksichtigt, daß ja gerade die Kommissionen den übergeordneten Gremien die Arbeit abnehmen sollen und diese dann um so seltener zusammentreten. Nun hatten aber Assistenten und Studenten damit gerechnet, sich vertreten lassen zu können. Also falsche Voraussetzungen bei der Annahme der Wahl — werden diese wiederholt werden müssen?

Nun aber stehen, wie gesagt, in wenigen Wochen die ersten Wahlen der Präreiktoren und Prädekane ins Haus, die dann im Herbst 1977 ihre Funktionen als Rektor und Dekan für zwei Jahre übernehmen müssen. Nicht mehr nur von den engeren Kollegen gekürt, nicht nach Ge-

sichtspunkten der Anciennität, der Reihenfolge der Fakultäten oder Fächer ausgewählt — sie müssen das Vertrauen der Mehrheit ihrer Gremien erhalten.

Für den Rektor tritt die Universitätsversammlung zur Wahl an, fast drittelparitätisch zusammengesetzt. Für den Dekan das Fakultätskolle-gium, in dem die Professoren etwas weniger als die Hälfte der Sitze innehaben. Die Zustimmung der Professoren allein genügt also nirgends. Der neue Mann muß eine breite Basis finden, nicht nur aus wahltaktischen Gründen, sondern um seine Funktion in dieser heiklen Zeit des Ubergangs auch erfolgreich ausüben zu können. Dazu muß er bekannt sein. Auch wenn es falsch wäre, einen Wahlkampf aufzuziehen, wie man ihn in politischen Wahlzeiten über sich ergehen lassen muß — ohne Information, ohne Präsentation, ohne Werbung wird es nicht abgehen.

Die Verabschiedung des Gesetzes brachte die erste Weichenstellung. Die neuen Funktionäre stehen am nächsten Kreuzweg. Sie werden das Schicksal ihrer Hohen Schulen entscheidend beeinflussen. Das sollte bei der Kandidatenauswahl beachtet werden.

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