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Prärektor hängt von nur einer Stimme ah

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Am kommenden Montag wird der gewählte Prärektor der Universität Wien, Prof. Winfried Platzgummer, sein Amt antreten - wenn ihn nicht noch unmittelbar vorher der Spruch des Ministeriums davon abhält. Jene Entscheidung nämlich, die dem Einspruch gegen seine Wahl stattgeben, diese Wahl aufheben und eine neue Durchführung anordnen würde. Zur Zeit ist noch „alles drin“, versichern die Beteiligten.

So war es im Juni: Bei der termingerecht einberufenen Wahl des Prärektors - der sich nun ein Jahr als Vertreter des amtierenden Rektors einarbeiten und dann in dessen Aufgabe einsteigen soll - blieben die drei Kandidaten nur um wenige Stimmen auseinander: Der Kybernetiker Robert Trappl erreichte 154, der Jurist Winfried Platzgummer 150 und der Geograph Ernest Troger 149 Stimmen. Aber von Trogers (vermutlichen) Wählern waren zwei ferngeblieben, als sie hörten, daß keine Vertretung anerkannt würde. Zwei Juristen dagegen fragten hicht, sondern ließen sich vertreten - und diese Stimmen wurden anerkannt. Bei einheitlichem Vorgehen hätte - möglicherweise - Troger zwei Stimmen mehr haben können, dann wäre er, nicht Platzgummer in die Stichwahl gegangen (aus der der Strafrechtler als Sieger hervorgegangen war).

Also wurde - mit Recht - angefochten. Das Ministerium forderte Unterlagen an. Dann begann es, die Beteiligten einzuvernehmen. Die Entsqhei-dung über Anerkennung oder Aufhebung steht noch aus. Und damit auch die Entscheidung über alle Folgen, die aus der Rechtsunsicherheit erwachsen.

Wenn Platzgummer - nach allfälliger Aufhebung - am 2. OktoBer nicht die Funktion des Prärektors antritt, ist zwar gesetzhch eindeutig geregelt, daß dann der Dekan der Fakultät, die den Rektor stellt, dessen Vertretung zu übernehmen hat - in diesem Fall Prof. Karl Schlögl von der naturwissenschaftlichen Fakultät. Das beantwortet aber noch nicht die Frage, wer nach dem Abtreten des Prorektors Franz

Seiteiberger den Vorsitz in der neuzubildenden Wahlkommission übernehmen soll - denn diese Funktion ist vom Gesetz ausdrücklich dem Prorektor direkt, nicht in seiner Funktion als Vertreter des Rektors zugeschrieben. Muß dann der inzwischen abgetretene Prorektor nochmals in Aktion treten?

Auch über die Frage der Vertretungsmöglichkeiten bei der Rektors-

wähl gehen die Meinungen auseinander. „Alles geregelt“, sagt man im Ministerium - im vierten Durchführungserlaß zum Universitätsorganisa-tionsgesetz stehe ausdrücklich, daß die Wahl des Rektors nach den Grundsätzen des gleichen, geheimen und persönlichen Wahlrechts zu erfolgen habe - also wäre keine Vertretung möglich. Nun sind aber die Wahlmänner in der wählenden Universitätsversammlung, soweit sie den Gruppen des Mittelbaus und der Studenten angehören, jene Mandatare, die auch in den Fakultätsgremien sitzen -wo sie bei Verhinderung von ihren Ersatzleuten vertreten werden. Eine strikte Durchführung des Grundsatzes

der persönlichen Stimmabgabe würde - sagen die Juristen der Universität -die Folge haben, daß die Gruppen der Assistenten und der Studenten nie vollzählig wären, weil es bei ihnen immer Mandatare geben wird, die die Universität bereits verlassen und ihren Vertretern Platz gemacht haben.

Die Rektorswahl müßte, wird weiter erklärt, bei Wiederholung nach jenen Kriterien durchgeführt werden, die die im Sommer verabschiedete Novelle zum UOG festsetzt Bisher war es üblich, die Zustimmungserklärung eines Kandidaten vorher einzuholen - worauf sich dann normalerweise die Kollegen der eigenen Fakultät zugunsten des Befragten aus dem Spiel zogen. Nun darf sich ein Kandidat nur weigern, die Rektorswahl, anzunehmen, wenn er triftige Gründe vorzuweisen hat - das aber gibt die Möglichkeit frei, noch während der Wahl neue Anwärter ins Spiel zu bringen, ja sie im Extremfall mit den Stimmen der Assistenten und Studenten gegen die Mehrheit der Professoren durchzupauken. Auch wenn dieser Fall konstruiert wirkt - ausgeschlossen ist er nicht.

Wie auch immer das Ministerium entscheidet - die Möglichkeit, daß die jeweils abgewiesene Partei weiter zum Verwaltungsgerichtshof geht, bleibt offen. Und wer ist schuld an der Verwirrung? Nach der Meinung des Ministeriums jene Juristen, die verschieden lautende Rechtsauskünfte gaben und die Wahl in verschiedenen Phasen nach verschiedenen Rechtsmeinungen durchführten. Nach der Meinung der Universität liegt die Schuld im Gesetz selbst; es treffe nur ungenügend Vorsorge, daß ein Wust neuer Vorgangsweisen auch sinngemäß bewältigt werden könnte. Bei der bei der Rektorenkonferenz eingerichteten UOG-Kommission, die bei Unklarheiten Auskunft geben und den richtigen Weg weisen soll, sind seit ihrer Gründung schon weit mehr als 1000 Anfragen eingegangen. Das spricht nicht gerade für die behauptete Klarheit der Formulierungen.

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