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Seitdem Studenten und „Mittelbauvertreter“ (Assistenten, Dozenten) in das Kpllegium zur Wahl von Rektoren und Dekanen je ein Viertel der Wahlmänner entsenden, sind die jetzt alle zwei Jahre stattfindenden universitären Wahlen keine Selbstverständlichkeit mehr. Vor Inkrafttreten des Universitätsorganisa-tionsgesetzes (UOG) 1975 gab es an vielen Fakultäten eine Reihung der Professoren, nach der der nächste Dekan schon Jahre vorher feststand und sich auf sein Amt vorbereiten konnte. Das hat sich sohlagartig geändert. Heute finden sich nur selten mehr als ein oder zwei Kandidaten, die sich der Wahl überhaupt stellen wollen.

Das UOG hat die Funktionsperiode für die höchsten akademischen Ämter auf zwei Jahre verlängert und ihr ein Vorbereitungsjahr („Prärektor“) und eines zum AusIdingen („Prorektor“) beigegeben. Parallel dazu kam auch die Ausdehnung der Agenden.

Diese Ausgangslage führte heuer dazu, daß an den Universitäten Klagenfurt und Linz kein Rektor gewählt wurde (wegen Stimmenthaltung und Auszug von Wahlmännern), an der Universität Wien wurde die Wahl angefochten.

Hauptargument: ein Kandidat ist zu wenig.

Das akademische Amt wurde durch das UOG gewandelt. War früher der Rektor oder Dekan primär mit dfen wesentlichen Entscheidungen seines Bereiches betraut, so ist er heute mit einer Unzahl an administrativen Aufgaben und einer unermeßlichen Fülle von -zum Teil äußerst nebensächlichen -

Sitzungen belastet, ohne selbst entscheiden zu können: er präsidiert zwar dem jeweils höchsten Kollegialorgan, ist aber primär dessen Vollzugsorgan.

Einer der vielen Ordinarien, die eine Kandidatur abgelehnt haben, sieht die Würde des Dekans als „Last und keine Freude“. Den älteren Professoren ist die Last aus gesundheitlichen Gründen zu beschwerlich, und die Jungen können es sich wissenschaftlich nicht leisten, vier Jahre lang nur auf „Sparflamme“ zu forschen.

Ein großes Problem stellt auch die

Arbeit am eigenen Institut dar, das auch mit Verwaltungsarbeiten und etlichen Sitzungen überhäuft ist. Bei vielen, nicht nur Ein-Mann-Instituten, wäre beim „Fehlen“ eines Professors nicht einmal der Prüfungsbetrieb, geschweige denn ein ordentlicher Lehrbetrieb aufrechtzuerhalten.

Doch das entscheidenste Hindernis zu einer Kandidatur stellt bei vielen Professoren die „UOG-Rolle“ des Rektors und Dekans dar, zwischen den Parteien der Gruppenuniversität ausgleichend wirken zu müssen. Nicht jeder Professor ist ein psychologisch versierter Vermittler, dem auch noch die Angst im Nacken steckt, sich auch mit der „eigenen“ Kurie, der der Professoren, zu verfeinden. Für die Studenten ist ein Amt an der Hochschule nur „eine Durchgangsposition“ (Univ.-Prof. Günther Winkler), die Professoren sehen einander danach noch länger.

Der Verwaltungsrechtler und UOG-Fachmann Univ.-Prof. Felix Ermacora hält die Tatsache, daß „für hohe akademische Positionen eine Verhandlungskunst, Konflikte zwischen Gruppen zu lösen“, Voraussetzung ist, dem Amt als solchem nicht unbedingt dienlich.

Winkler, der für den Fall des Inkrafttretens des UOG Minister Hertha

Firnberg seine Emigration angedroht hatte, kritisiert das UOG-bedingte fehlende Verantwortungsgefühl. Niemand trage mehr Verantwortung. Winkler, der selbst Dekan und Rektor der Wiener Universität war: Heute bringt das „Engagement nur unendlich viel Mühe, Probleme und Undank“.

An dieser bedenklichen Situation wird auch die UOG-Novelle nichts ändern, wonach die Amtsübernahme zu den „Dienstpflichten“ gehören wird. Wenn in Zukunft eine Mehrheit jemanden auf den Schild heben will, wird er kaum herunterspringen können. Ob das dem Amt mehr nützt als die jetzige Regelung?

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