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Letzter UOG-Sdiliff

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Wie gebannt sind die Augen der Parteistrategen derzeit auf zwei Ereignisse gerichtet: die Landtagswahlen in Wien und Oberösterreich am 21. Oktober 1973. Daß sich auf einem kleinen, aber interessanten Schauplatz auch einiges regt, blieb den meisten bislang verborgen. Trotz Ferienstimmung rüsten die studentischen Vertretungen zu einem heißen Herbst und zu Hochschulwahlen im Jänner 1974, die nun — nach langem Zaudern — verspätet doch noch abgehalten werden.

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Wie gebannt sind die Augen der Parteistrategen derzeit auf zwei Ereignisse gerichtet: die Landtagswahlen in Wien und Oberösterreich am 21. Oktober 1973. Daß sich auf einem kleinen, aber interessanten Schauplatz auch einiges regt, blieb den meisten bislang verborgen. Trotz Ferienstimmung rüsten die studentischen Vertretungen zu einem heißen Herbst und zu Hochschulwahlen im Jänner 1974, die nun — nach langem Zaudern — verspätet doch noch abgehalten werden.

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Bemerkenswert sind diese Wahlen deshalb, weil das Wahlverhalten angehender Akademiker zweifellos interessante längerfristige Rückschlüsse auf die Beschaffenheit der politischen Landschaft in Österreich zuläßt, und weil sie Aufschlüsse über die Meinungen zur Hochschulreform zulassen könnte.

Hochschulwahlen finden ex lege alle zwei Jahre statt, der letzte studentische Wahlgang fand Anfang 1971' statt und brachte ein überraschendes Ergebnis; trotz relativ geringer Wahlbeteiligung (eine Tatsache, von der im allgemeinen linke Gruppen profitieren) erreichte die „österreichische Studenten-Union“ (ÖSU) die absolute Mehrheit. Die studentische Partei, die sich auch gerne „progressive Mitte“ nennt, schaffte damit etwas, was in Ansehung der weltweiten Entwicklung auf den Hochschulen als sensationell angesehen werden muß: sie bereitete den linken Gruppen eine deutliche Niederlage, allen voran dem „Verband der sozialistischen Studenten Österreichs“ (VSStö). Der eher der nationalen Rechten zurechenbare „Ring Freiheitlicher Studenten“ (RFS) brachte es immerhin noch auf mehr als 20 Prozent, zeigte aber bereits deutliche Zerfallserscheinungen. Mit kleinen, aber ständigen Verlusten ist der RFS in guter Gesellschaft, denn auch die große Mutterpartei FPÖ hat bei Nationalratswahlen stets ein wenig an stimmlicher Substanz eingebüßt.

Der VSStö pendelte seit seiner Gründung nach Ende des Zweiten Weltkrieges stets um die 17 Prozent; daneben haben sich aber in den letzten Jahren eine Reihe von linken Splittergruppen gebildet, deren weites Spektrum umgekehrt proportional zur politischen Bedeutung ist. Sind also Österreichs Studenten „dümmer“ als ihre ausländischen Kollegen, die sich zu einem Großteil der einfältigen Gleichung „links — fortschrittlich und modern, rechts = rückständig und verzopft“ verschrieben haben? Und: Warum sind gerade Österreichs Hochschulen ein ruhiger Pol, und waren es auch zu den Zeiten, als in anderen Ländern (Deutschland, Frankreich, USA) die Wogen der Studentenunruhen hochgingen?

Die Antwort ist einfach: Nicht gesellschaftspolitische, sondern pragmatische Überlegungen haben in den letzten Jahren der Hochschulpolitik ihren Stempel aufgedrückt. In erster Linie war dies ein Verdienst der ÖSU (früher „Wahlblock“), die es verstanden hat, eine Politik von Studenten für Studenten zu machen. Es ist zwar nicht unrichtig, die ÖSU mit der ÖVP in Zusammenhang zu bringen, es muß aber betont werden, daß sich die ÖSU niemals von der Kärntnerstraße gängeln ließ. (So ließ es sich die ÖSU zum Beispiel nicht nehmen, gegen ÖVP-Unterrichts-minister öffentlich zu demonstrieren und ihren Forderungen dadurch besonderen Nachdruck zu verleihen, während der VSStö bei den letzten großen Demonstrationen gegen das zu kleine Hochschulbudget der Regierung Kreisky durch Abwesenheit glänzte.)

Daß der Wahlgang Anfang 1974 spannend zu werden verspricht, dafür wird auf jeden Fall der Entwurf zu einem Universitätsorganisations-gesetz (UOG) dienen, dessen endgültige Fassung dieser Tage veröffentlicht werden dürfte. Frau Minister Firnberg hat eine Veröffentlichung erst nach ihrer Rückkehr aus dem

Urlaub erlaubt und gleichzeitig zu verstehen gegeben, daß mit diesem Entwurf die Causa UOG für sie erledigt ist; es ist daher zu erwarten, daß dieser Entwurf dem Parlament zu Beschlußfassung vorgelegt werden wird.

Die vehemente Diskussion um den ersten Entwurf ist noch in Erinnerung, wobei sich insbesondere am Thema „Mitbestimmung“ die akademischen Geister schieden. Angeblich soll der letzte Schliff am — streng geheimgehaltenen — letzten Entwurf zwei wesentliche Änderungen bringen:

• Der Rektor ist von allen Unversi-tätsangehörigen zu wählen (vorher nur vom Akademischen Senat);

• anderseits sollen in den Berufungskommissionen nunmehr die Professoren mit 50 Prozent, Assistenten und Studenten mit je 25 Prozenit der Stimmen bedacht werden (wobei jedoch den bereits Habilitierten ein Vetorecht zuerkannt werden soll).

Es ist jedenfalls kaum anzunehmen, daß nach Bekanntwerden der endgültigen Fassung die Diskussion um das UOG verstummen wird. Sollten die Proteststimmen — gleichgültig von welcher Seite — ein ähnliches Ausmaß wie im letzten Frühjahr annehmen, dann dürfte die Frau Minister gut beraten sein, die Diskussion offiziell erneut zu eröffnen, sonst könnten die Hochschulwahlen 1974 (bei denen erstmals auch ausländische Studenten das aktive Wahlrecht ausüben können) im Zeichen einer — von allen Beteiligten — unerwünschten Radikalisierung stehen.

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