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Regierungskommissar ?

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Die Hofübergaben im Zentralausschuß der Hochschülerschaft sowie in der Führung der ÖSU haben noch nicht stattgefunden. ÖSU-Chef Schneider wurde für den Vorsitzenden des Zentralausschusses prolongiert, insbesondere, weil aus Linz und Graz starke Stimmen gegen Georg Karasek laut wurden. Dennoch betrachten die Beteiligten die Bestätigung Schneiders lediglich als ein Provisorium bis etwa November, denn Karasek wurde inzwischen immerhin eindeutig zum zweiten Mann in der ÖSU: er ist Vorsitzender des Hauptausschusses an der Universität-Wien, ÖSU-Präsident und Kandidat für den stellvertretenden Zentralausschußvorsitzenden.

Trotz des für die ÖSU relativ erfreulichen Wahlausganges sind noch nicht alle Probleme beseitigt, denn die ÖSU-Mannen in Linz und Graz finden wenig Wohlgefallen an einer gemeinsamen Linie. Dennoch ist man in Wien optimistisch, denn der mit den Stimmen der Sozialisten gewählte Vorsitzende der Universität Graz, Prischling, wird im Herbst sein Mandat infolge bereits erfolgter Promotion zurücklegen, und man hofft allgemein auf einen kompromißbereiten Mandatar.

Mit den Kollegen von der ÖSU-nahen Innsbrucker Liste („Forum“) und deren Exponenten Klingenbrun-ner konnte seitens der ÖSU bereits Übereinstimmung bezüglich einer zu bildenden Koalition im Zentralausschuß gefunden werden, nicht jedoch mit den JES.

Die bei den Wahlen erfolgreichen JES streben nämlich eine Koalition, bestehend aus ÖSU, RFS und JES, an. Ein Wunsch, dem sich die Führung der ÖSU nicht anschließen will, da sich insbesondere der RFS nicht

nur in den letzten Jahren hochschulpolitisch selbst ins Eck gestellt hat und bei den letzten Wahlen auch prompt die Rechnung präsentiert bekam, als er von zwölf Mandaten auf neun reduziert wurde.

Da — wie aus dem Wahlergebnis eindeutig hervorgeht — keine Koalition ohne der stärksten Fraktion, der ÖSU, möglich sein kann, da weder die Linke noch die Rechte die erforderliche absolute Mehrheit haben, wird es insbesondere am Verhandlungsgeschick der ÖSU und an den Entscheidungen der JES liegen, wer den nächsten Vorsitzenden des Zentralausschusses stellen wird.

Andernfalls könnte theoretisch der Fall eintreten, daß eine Pattstellung entsteht und ab 1. Juli 1975 die Österreichische Hochschülerschaft unter der Leitung eines Regiertmgs-kommissärs stehen könnte.

Keine besonders erfreuliche Vision für einen Selbstverwaltungskörper, der schon einmal bewiesen hat, daß er sich zwar auf politisches Harakiri versteht, zur Zusammenarbeit jedoch nur wenig Bereitschaft zeigte.

Sollte es also am 26. Juni durch die Koalitionsunwilligkeit der JES zur Einsetzung eines Regierungskommissärs kommen, so wäre dies zwar für das oberste Gremium der österreichischen Hochschülerschaft mehr als nur blamabel, hätte aber in einem wichtigen Aspekt kaum Folgen in der Hochschulpolitik: in der Mitbestimmung der Studenten, die im neuen UOG vorgesehen ist. Was nämlich das UOG betrifft, so wurde der Zentralausschuß faktisch entmachtet, weil Mitbestimmung „an der Basis“ geübt wird, also in den Studienrichtungsvertretungen, Fakultätsvertretungen und Hauptausschüssen.

Kein Wunder, daß die ÖSU mit

Genugtuung vermerkt, daß „nicht nur alle großen Hauptausschüsse einen ÖSU-Vorsitzenden haben, son-eern auch die durch das UOG vorgesehenen Gremien studentischer-seits zu rund 80 Prozent mit ösu-Vertretern beschickt werden“ (Karasek). Man hat fast den Eindruck, daß die anderen wahlwerbenden Gruppen in einer übertriebenen Fixierung auf den Zentralausschuß, diesen wichtigen Aspekt des neuen UOG übersehen haben.

Obwohl die ÖSU gewillt ist, mit dem UOG zu „leben“„ hat man dennoch in Bezug auf die Finanzierung der durch das UOG geschaffenen Änderungen, für die noch keine Zusage des Finanzministers vorliegt, große Zweifel. Daneben, so Karasek, „sinken auch die realen Ausgaben des Staates pro Student ständig, so daß wir die nächsten Budgetverhandlungen besonders genau beobachten werden“.

Wird es im Herbst also wieder Studentendemonstrationen geben?

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