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Hochschulbericht 1993: Die verschleppte Reform

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Alle drei Jahre legt das Wissenschaftsministerium dem Nationalrat einen Hochschulbericht vor. Der aktuellste Bericht wurde diese Woche von Wissenschaftsminister Erhard Busek präsentiert.

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Alle drei Jahre legt das Wissenschaftsministerium dem Nationalrat einen Hochschulbericht vor. Der aktuellste Bericht wurde diese Woche von Wissenschaftsminister Erhard Busek präsentiert.

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Zeitlich fällt der Berichtszeitraum mit dem Wirken der großen Koalition seit der Nationalratswahl 1990 und somit mit der Ressortverantwortlichkeit von Erhard Busek zusammen. Die Verfasser dieser Dokumentation sehen daher in ihrem Werk auch eine „vorläufige Bilanz" des Arbeitsprogrammes der Koalitionsregierung.

Die Schwierigkeit dieses Unterfangens offenbart sich bereits in der Einleitung zum „Hochschulbericht 1993". Denn das Parade-Vorhaben der Regierung im Wissenschaftsbereich für diese Legislaturperiode, den Hochschulen eine moderne Or-gansiationsstruktur zu verleihen, konnte bisher noch nicht verwirklicht werden. Eine Gesetzesvorlage liegt zwar im Parlament, jedoch haben die Hochschulpolitiker der SPÖ sowie Standesvertreter der Universitäten bereits massive Änderungswünsche deponiert - obwohl dem vorliegenden Ministerialenentwurf eine mehrjährige Diskussionsphase („Grünes Papier", „Oranges Papier",...) und eingehende Verhandlungen der Koalitionsparteien vorausgegangen waren.

Im Hochschulbericht liest sich das so: „Man konnte nicht davon ausgehen, daß eine so tiefgreifende Reform in kurzer Zeit und im besten Einvernehmen aller Beteiligten erfolgen könnte. Dennoch war die Kompromißlosigkeit des Widerstandes überraschend, der den Reformvorschlägen des Ministeriums von vielen Seiten entgegengebracht wurde. Nicht immer hatte es den Anschein, daß sich die Diskussionspartner ernsthaft um einen für alle akzeptablen Kompromiß bemühten. Es war eine enttäuschende Erfahrung, daß viele Personen und Gruppen, die zuvor heftig auf Reformen gedrängt hatten, nach Veröffentlichung der Reformvorschläge dazu übergingen, den Status quo zu verteidigen. Insgesamt bestätigt sich die Erfahrung, die Hochschulpolitiker schon früher und in anderen Ländern gemacht haben, daß Universitäten zu jenen gesellschaftlichen Bereichen zählen, die Reformen einen besonders starken Widerstand entgegenbringen und die selbst dann, wenn ihre Angehörigen mehrheitlich unzufrieden sind, sich lieber mit Bestehendem abfinden als sich auf neue Herausforderungen einzulassen."

Unbestritten ist nach wie vor das Ziel der Reform: Nämlich den Universitäten mehr organisatorischen Freiraum (Stichwort „Autonomie")

zu geben und den geänderten Verhältnissen, also den explodierenden Hörer-Zahlen anzupassen. Uneinigkeit besteht aber über das Wie: Vor allem der „Mittelbau" an den Hochschulen klagt über eine Beschränkung der Mitbestimmungsrechte, gleichzeitig wird dem Ministerium aber vorgeworfen, sich aus der politischen Verantwortung zu entfernen.

Busek selbst rechnet damit, daß das neue Univer-sitäts-Organsiationsgesetz (UOG) jedenfalls noch zeitgerecht in dieser Legislaturperiode beschlossen wird - und im nächsten Studienjahr bereits an drei Universitätsstandorten erprobt wird. Im Gespräch sind die Linzer Uni, die Wiener BOKU und die Montanuniversität Leoben.

Befragt nach seinen größten Erfolgen als Wissenschaftsminister nennt Busek - neben der Orga-nisationsreform der Unis -die überdurchschnittliche Steigerung des Wissenschafts- und Hochschulbudgets: Tatsächlich konnte unter Buseks Amtszeit das Hochschul-budget um 50 Prozent gesteigert werden. Während 1980 bloß 2,78 Prozent des Bundesbudgets auf das Kapitel Hochschulen entfiel, sind es heuer bereits 3,75 Prozent.

Auch das nächste große Vorhaben am Universitätssektor wird im vorliegenden Bericht angesprochen: Die Studienreform. Denn laut OECD-Bericht krankt es nicht nur in der Organisation (den Hochschulen len Prüfern weniger Autonomie attestiert als Volksschulen in vergleichbaren Industrieländern), sondern vor allem im Studienbereich: Das Studium dauere in Österreich generell zu lange, auch die „Drop-out-Rate" (die im Statistik-Teil des aktuellen Berichts übrigens nicht , aufscheint) sei eindeutig zu hoch.

Angestrebt wird daher eine „Deregulierung im Bereich der Studienvorschriften", um die Konkurrenzfähigkeit im internationalen Wettbewerb zu gewährleisten. „Es geht um die Verkürzung der Studiendauer, bei einer gleichzeitigen Qualitätsverbesserung", formuliert Busek die Ziele der für die nächste Legislaturperiode geplanten Reform:

„Gleichzeitig sollten die Studien praxisnäher gestaltet werden, um international konkurrenzfähig zu bleiben."

Kein Ruhmesblatt für die Verantwortlichen ist die extrem niedrige Frauenquote, wie dem „Hochschulbericht 1993" zu entnehmen ist: Während mittlerweile 51 Prozent der Erstimmatrikulierten Frauen sind und der Anteil unter den Absolventen bereits 44 Prozent beträgt, stellt das weibliche Geschlecht bloß 20 Prozent des wissenschaftlichen Mittelbaus und gar nur 3,4 Prozent der Professoren.

Die Lehrstühle einiger Universitäten und Fakultäten sind überhaupt „frauenfrei": Maschinenbau und Elektrotechnik sowie die

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