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Interesse minimal?

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Sehr begründet war die gute Miene kaum, die Studentenboß Georg Ka-rasek zum „bösen Spiel“, dem Ergebnis der Studentenwahlen am 1. und 2. Juni, machte: 20 Prozent Wahlbeteiligung im Durchschnitt, mit Extremen von 25 Prozent nach oben in Innsbruck und 10 Prozent nach unten an der Grazer Universität — sehr groß scheint das Interesse der Studenten an ihren Basisvertretungen nicht zu sein...

Im Vorjahr waren es noch rund 30 Prozent gewesen, die ihre Stimmen auf den verschiedenen Wahlzetteln für Zentral- -und Hauptausschuß, Fakultäts-, Studienrichtungsund Institutsvertretungen abgaben — und das war schon katastrophal wenig gewesen, gegenüber 60 und 70 Prozent früherer Urnengänge, von den 80 Prozent der unmittelbaren Nachkriegszeit gar nicht mehr zu reden. Woran lag es, daß diesmal nur einer von fünf Studenten sich aufraffte, zu zeigen, daß er den Aufruf verstanden hatte — den Appell, das Angebot zur Mitbestimmung auch aufzunehmen?

Lag es daran, daß im Vorjahr — für die „oberen Ebenen“ bis zur Fakultät — die Listenwahl galt, für die es sich „lohnte“, einen Wahlkampf zu führen, weil durch die errungenen Mandate die Stärke der „Studentenparteien“ dokumentiert werden konnte, diesmal aber „nur“ Persönlichkeitswahlen für die Studienrichtungen auf dem Programm standen, deren Ergebnisse schlecht in politische Kategorien einzuordnen sind?

Lag es am Wahltermin unmittelbar vor Pfingsten, in einer Zeit, da für die einen die Versuchung verlängerter Ferien bei einem vorlesungsfreien Wahltag unwiderstehlich wird, und die andern bereits Prüfungsvorbereitungen der politischen Pflichtübung vorziehen? Im Wissenschaftsministerium war man sich Anfang des Jahres mit der Führung der Hochschülerschaft einig gewesen, den im ÖH-Gesetz verankerten jährlichen Termin für die Studien-richtungs- und Institutsvertreterwahlen wie jene in die oberen Gremien auf einen zweijährigen Turnus zu verlegen. Aber der übervolle Parlamentsfahrplan hatte keinen Platz mehr für die notwendige — und völlig unproblematische — Novelle. Als dies aber klar wurde, blieb mit Rücksicht auf den vorgeschriebenen Fristenlauf nur noch die Woche vor oder jene nach Pfingsten als letzte Möglichkeit der Gesetzeserfüllung übrig. Nach diesen Präliminarien war die Lust zu besonderer Aktivität gering.

Den Studentenführern war sie auch durch den Kommissionenerlaß des Ministeriums beschnitten worden, der vorsieht, daß die Mitglieder der vielen durch das UOG vorgeschriebenen Kommissionen auch Vollmitglieder in den sie entsendenden Gremien — Fakultäten, Senaten — sein müßten. Diese eigentlich zur Sicherung des Informationsflusses logische Bindung bedeutete natürlich für Studenten wie für Assistenten, die zur Mitarbeit in den Kollegialorganen bereit waren, eine Belastung, mit der sie nicht gerechnet hatten. Auch dieses Unbehagen mag sich im Endergebnis niedergeschlagen haben.

So fielen schon einmal die ebenfalls im Gesetz vorgesehenen Institutsvertreterwahlen unter den Tisch, man beschränkte sich auf die Studieneinrichtungsvertretungen, da es nicht mehr möglich gewesen wäre, auch für die wesentlich größere Anzahl von Instituten die notwendigen Vorbereitungen durchzuführen und die hiefür erforderlichen rund 2000 Kandidaten zu mobilisieren.

Und das ist ebenso schade wie das Endergebnis im ganzen, denn gerade am Institut — wo dieses nicht nur als „Durchgang“ dient — liegt die Ebene, auf der der Student am besten, weil unmittelbar betroffen, mitarbeiten kann. Hier werden die Sachentscheidungen diskutiert, die sein Studium betreffen, hier kann er sich am ehesten selbst ein Bild von Ist- und Soll-Zuständen machen. Oder sich zum mindesten zu Wort melden und seine Vorstellungen in die Meinungsbildung einbringen. Hier „unten“ wird sich letzten Endes entscheiden, ob die Mitbestimmung an der Universität solide Wirklichkeit oder ob sie ein ideologisches Phantom wird — oder ob sie schon in der Entstehungsphase zur Farce entartet.

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