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Regierungsvorlage ändert nichts am herrschenden System

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Die erste Reform des Universitäts-Organisationsgesetzes steht vor der Tür. Im Parlament liegt eine entsprechende Regierungsvorlage. Sie hält am UOG-Kurs 1974 fest. Das heißt, sie ist nicht geneigt, das UOG-System zu revidieren. Die UOG-Novelle wird aller Voraussicht nach eine Bereinigung einer Reihe von legistischen Ungereimtheiten, die das UOG beschwert, lösen. Der Zug zum Forschungsbürd-kratismus und zum Zentralismus aber wird verstärkt werden, Unstimmigkeiten zwischen dem UOG und seinen oft sehr selbstherrlichen Durchführungserlässen sollen bereinigt werden. Aber am UOG-System wird sich, solange der Sozialismus in Österreich Regierungsmacht hat, nichts ändern.

Dem Wissenschaftsressort wird das verfassungsgerichtliche UOG-Er-kenntnis das Rückgrat stärken. Der Verfassungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom3. Oktober 1977 einige Hauptpfeiler des UOG-Systems zementiert. Denn man kann aus dem Erkenntnis ganz allgemein herauslesen: es steht dem Gesetzgeber frei, wie er die Universitätsstruktur gestaltet, wenn nur des einzelnen Freiheit der Wissenschaft und Lehre nicht angetastet wird. Und zwar durch einen konkreten Eingriff. Der indirekte Eingriff hat den Gerichtshof nicht interessiert. Und niemand behauptet, daß die Wissenschaftsbürokratie es bisher gewagt hätte, Forschungs- und Lehrinhalte des unter dem Schutz nach Artikel 17, Absatz 1 der Verfassung stehenden Hochschullehrers anzutasten.

Daß damit aber das System des UOG als solches, angefangen von der nach dem Minoritenplatz in Wien orientierten Position des Rektoratsdirektors, über die Vergremialisierung des Betriebes an den Universitäten, bis zur faktischen Begrenzung der autonomen Bewegungsfreiheit, grundrechtskonform sein muß, ist damit noch nicht festgestellt. Die UOG-Er-fahrung zeigt, auch wenn man weitgehend im Rahmen des Systems bleibt, daß das UOG reformbedürftig ist: die Struktur der Gruppenuniversität hat dazu geführt, daß die großen akademischen Handlungseinheiten, wie die Fakultäten, immer mehr ihre administrative Bedeutung verlieren: Gremien entscheiden im Vorfeld und die Vorgänge im Hauptfeld, der Fakultät, verlieren an Transparenz und an Gewicht; Gruppen dringen in Entscheidungspositionen vor, für die ihre Mitglieder nicht die notwendigen Qualifikationen aufweisen; die Finanzmacht des Bundesministers, die für die Effektivität im Alltag so entscheidend ist wie das Geld des Arbeitgebers, macht die Finanzautonomie der Universität (Paragraph 4 UOG) zur Chimäre.

Das Dienstrecht der Hochschulassistenten hat sich seit der Erlassung des „ANTWORTEN“ - WORAUF? UOG nicht wesentlich verbessert; den Hochschulassistenten, die zu einer echten, auch kämpferisch begabten Gruppe geworden sind, kommen im organisatorischen Bereich wohl größere Einflußmöglichkeiten zu, sie werden aber dienstrechtlich und hinsichtlich ihrer Berufsausbildung kaum gestärkt; ihre Mitarbeit wird vielleicht besser honoriert, aber das wirkt sich nicht auf ihr Gehalts- und Abfindungssystem aus. Die Anstaltshoheit des Rektors, deren Defekte im Zeitpunkt von Hochschülerschaftswahlen eklatant sind, wird nicht verstärkt. Das, obwohl jeder Anstalt eine Anstaltsordnung immanent ist und noch niemand auf die Idee gekommen wäre, diese etwa im Bereich von Krankenanstalten oder Verkehrsunternehmungen in Zweifel zu ziehen. So bleibt dem Rektor nichts anderes übrig, als auf die Organe der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit zurückzugreifen, da die Universität selbst keine Mittel hat, ihre Ordnungsfragen im autonomen Bereich zu erfüllen. Und die Zuhilfenahme der Polizei fördert gerade nicht das Ansehen der Universitätsautonomie.

Uber all das sieht das Ministerium Firnberg großzügig hinweg. Von dem Versuch, diese echten Probleme österreichischer Universitätsverwaltung zu behandeln, zeigt sich keine Spur. Die dem Parlament vorgelegte UOG-Novelle entspringt hochschulbürokratischen Gesichtspunkten und rührt nicht an den jeden Tag sichtbaren Defekten des Systems.

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