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Faktischer Numerus clausus

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Die von vielen mit Spannung erwartete Sitzung des Zentralausschusses der Österreichischen Hochschülerschaft brachte im wesentlichen Positives. Auch eine kleine Sensation, denn der Chef der Sozialistischen Studenten, hatte angekündigt, daß er die Abwahl Schneiders beantragen werde und daß er dazu nicht nur das Einverständnis aller linken Gruppen, sondern auch des RFS, der JES und sogar zweier ÖSU-Mandatare habe. Caps Aktion erwies sich aber als Seifenblase.

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Die von vielen mit Spannung erwartete Sitzung des Zentralausschusses der Österreichischen Hochschülerschaft brachte im wesentlichen Positives. Auch eine kleine Sensation, denn der Chef der Sozialistischen Studenten, hatte angekündigt, daß er die Abwahl Schneiders beantragen werde und daß er dazu nicht nur das Einverständnis aller linken Gruppen, sondern auch des RFS, der JES und sogar zweier ÖSU-Mandatare habe. Caps Aktion erwies sich aber als Seifenblase.

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Als nämlich der VSStÖ (Verband Sozialistischer Studenten Österreichs) zu Beginn der Zentralausschußsitzung einen Gegenantrag zur Tagesordnung stellte, der unter anderem auch einen Tagesordnungspunkt „Abwahl des Vorsitzenden“ enthielt,, fand dieser Antrag keine Mehrheit. Damit war zwar klar geworden, daß — wieder einmal — die Sozialistischen Studenten mit dem Ring Freiheitlicher Studenten gemeinsame Sache machen, wenn es gegen die ÖSU geht, es zeigte sich aber auch, daß weder die JES, geschweige denn vereinzelte ÖSU-Mandatare Interesse daran hatten, durch eine neuerliche Abwahl Schneiders die Hochschülerschaft in ein neuerliches Chaos zu stürzen.

Der RFS erklärte daraufhin in einem Statement, daß er Schneider für einen „Faschisten“ halte und als Protest der Sitzung am Samstag fernbleiben werde. Der Exodus der Nationalen, die so gerne das Vokabel „Faschist“ gebrauchen, hatte jedoch ganz andere Gründe. Der RFS hatte nämlich nicht damit gerechnet, daß die für Freitag anberaumte Sitzung am Samstag verlängert wer-' den würde und hatte für diesen Tag seine eigene Bundesdelegiertenkonferenz angesetzt.

Das taktische Geplänkel bildete jedoch nur den Rahmen des Studentenparlaments, in dem dann eine Reihe von Beschlüssen gefaßt wurde. So wurde eine neue Geschäftsordnung für den Zentralausschuß beschlossen, die vor allem verhindern soll, daß neuerlich eine ähnlich unklare Situation wie im Vorjahr entsteht. Weiters wurde ein Budget für das Jahr 1976 aufgestellt und für das Halbjahr Juli bis Dezember 1975 ein Halbjahresbudget.

Auch ein personelles Revirement fand statt: nachdem die stellvertretende Vorsitzende des Zentralausschusses, Carina Rys (JES), wie die FURCHE in der Vorwoche berichtet hat, zurückgetreten war, wurde der ÖSU-Mandatar Georg Karasek zum ersten stellvertretenden Vorsitzenden gewählt. Das Spitzengremium der Hochschülerschaft ist daher nunmehr mit zwei Vertretern der ÖSU (Schneider und Karasek), sowie mit einem Vertreter des Forum Innsbruck (Gärtner) besetzt. Die immer noch stimmen- und mandatsstärkste ÖSU wird jedoch dadurch auch gezwungen, ihr anläßlich der Wahlen vorgelegtes Programm durchzuführen; damit ist insbesondere ine klare gesellschaftspolitische Linie gemeint, denn der Flirt einiger Mandatare mit der Linken hat sich schon einmal als fatal erwiesen und die Abwanderung der DSU (die inzwisehen zur Bedeutungslosigkeit abgesunken ist) herbeigeführt.

Daß bei der Zentralausschußsitzung in vielen Fragen eine gemeinsame Plattform der Fraktionen erzielt werden konnte, dürfte zu einem guten Teil auch an der Tatsache liegen, daß viele Fraktionen die soziale Lage der Studenten einer kritischen Analyse unterzogen haben und daß hier eine mehr oder weniger einheitliche Front gegen die Bundesregierung festzustellen ist.

Auf der Medizinischen Fakultät der Universität Wien gibt es bereits einen faktischen Numerus clausus, da rund 1400 Studierenden (bei Hinzurechnung der „Alt-Semester“ 1700) lediglich etwa 700 Sezierplätze, wie auch nur ein Hörsaal mit einer Kapazität von rund 700 gegenüberstehen. In einer parlamentarischen Anfrage hat Frau Minister Firnberg zu diesem Problem nicht - Stellung genommen, sondern im wesentlichen nur betont, daß ihr Ministerium ohnehin mehr Geld ausgebe ...

Bei einem Beschluß des Zentralausschusses, an das Ministerium die Aufforderung zu richten, im Zusammenhang mit dem Numerus clausus an der Medizinischen Fakultät Maßnahmen zu treffen, enthielt sich jedoch der Verband der Sozialistischen Studenten der Stimme, was immerhin als Zeichen dafür gewertet werden muß, daß auch dem VSStÖ die Zustände an „der Medizinischen“ .unter die Haut gegangen sind, da sich sonst die Genossen mit einer Gegenstimme eingestellt hätten.

Aber nicht nur der Numerus clausus erhitzt studentische Gemüter, auch bei den Studentenheimen und Stipendien sehen die Funktionäre gewichtige Ansatzpunkte zur Kritik. Zwar gibt es bei den Stipendien im Budgetansatz geringe Erhöhungen, diese werden aber im wesentlichen nur, so Kafasek, für neue Stipendien, die infolge der Erhöhung der Hörerzahlen notwendig werden, ausreichen. Die bestehenden Stipendien werden der Höhe nach unverändert bleiben, was angesichts der Steigerung der Lebenshaltungskosten ein reales Absinken bedeutet., Karasek verweist in diesem Zusammenhang auf eine Statistik, aus der hervorgeht, daß im Zeitraum von 1971 bis 1975 die Stipendien zwar um rund 21 Prozent erhöht wurden, im gleichen Zeitraum.die Inflationsrate jedoch rund 45 Prozent „wegigefressen“ hat. Die Studenten wollen „keine Privilegien, sondern den gleichen Anteil am Lebensstandard wie andere Bevölkerungsgruppen.“

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