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Nicht ä la Berlin

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Die Firnber.gsche Hochschulorganisationsgesetznovelle, vor allem aber die Drittelparität in der Mitbestimmung an den Hochschulen ist mittlerweile zwischen Professoren, Assistenten und Studenten überall auf geteilte Ansichten gestoßen. Die Studentenschaft, vor allem die ÖSU, (befürwortet klarerweise die für sie verlockende Drittelparität, lehnt aber sonst wesentliche Punkte des Firnberg-Entwurfes ab.

Kurz zusammengefaßt: Eine drittelparitätisch besetzte Institutskonferenz soll nach diesem Gesetzentwurf dem Institutsvorstand die Rich- linien für die Zukunft vorzeichnen, die Aufteilung der Mittel ‘bestimmen, die dem Institut zugewiesen werden, Anregungen zur Gestaltung der Studienvorschriften bringen und die Bestellung des Institutsvorstandes sowie die Bestellung und Abberufung der Leiter von Abteilungen und Arbeitsgruppen vornehmen.

Aber auch in studentischen Kreisen erkennt man langsam die Nachteile und die Problematik der Dritted- parität. So würden beispielsweise

Personen in der Institutionskonferenz eine mitbestimmende Funktion bei der Verleihung von Lehrbefug- nissen und der Verteilung der der

Fakultät überlassenen Mittel haben, die möglicherweise gar nicht die entsprechende Befähigung mitbringen. Es versteht sich — schon aus dem Selbsterhaltungstrieb heraus — von selbst, daß die Rektorenkonferenz keineswegs mit den Ansichten des Wissenschaftsministeriums konform geht.

Die Drittelparität, wettert die Rektorenkonferenz, soll auf die bereits installierten Studienkommissionen beschränkt sein. Eine Trennung zwischen Forschung, Lehre und Studienbetrieb wäre empfehlenswert. Die Rektoren haben zwar nichts gegen die volle studentische Mitbestimmung im Studienbetrieb, aber der Fimberg-Entwurf verstoße ihrer Meinung nach in seiner jetzigen Form gegen den Grundsatz der Freiheit von Wissenschaft und Forschung.

Der akademische Mittelbau hat interessanterweise für die Sorgen der Professoren ein offenes Ohr. In mehreren Hochschulen stehen die Assistenten hinter den Professoren. So golden glänzend das Hoch-

schulorganisationsgesetz vielleicht im ersten Moment erscheint, so kritisch setzt sich auch die Volkspartei mit ihm auseinander. Gleichzeitig gibt es in der ÖVP auch Gruppen, die aber auch die studentische Mitbestimmung reformiert und gesetzlich verankert sehen möchten. Voraussichtlich schon in nächster Zeit wird eine Projektgruppe einen Gesetzesentwurf für ein neues Studentenvertretungsgesetz in Angriff nehmen. Dieses Gesetz wäre deshalb notwendig, meinen die Befürworter, um die Selbstverwaltungsidee der Studenten besser zu verwirklichen. Grundsätzlich soll durch das Studentenvertretungsgesetz die studentische Demokratie durch die Aktivierung neuer Formen der Teilnahme erweitert werden. Die Chance kleiner radikaler Minderheiten, im Hochschulbereich durch das Desinteresse eines großen Teils der Studentenschaft die Oberhand zu bekommen, soll stark eingeschränkt werden. Mehr Studenten sollen intensiver als bisher über mehr Fragen ihres unmittelbaren Interesses mitbestimmen.

In diesem Zusammenhang ist es nicht uninteressant, daß in der vergangenen Woche eine Delegation von ÖVP-Parlamentariem im Auftrag des ÖVP-Hlubs verschiedene Modelle studentischer Mitbestimmung an bundesdeutschen Hochschulen und in den Niederlanden studierte.

Die ÖVP-Abgeordneten, unter ihnen auch der Vorsitzende des ÖVP-Ar- beitsausschusses für Unterrichtswesen, Dr. Mock, besichtigten in Konstanz die erste deutsche Gesamthochschule. Auch Frankfurt, dessen Hochschule vor allem wegen des politischen Milieus und der Auswirkungen der „Frankfurter Schule” auf die unmittelbare akademische Umgebung ein interessantes Studienobjekt bildete, die Hochschulen in Nimwegen und die Universität Bonn lagen auf der Reiseroute. Befürchtungen fanden auf dieser Reise ihre Bestätigung.

Mock, der grundsätzlich eine Verbesserung der studentischen Mitbestimmung befürwortet, will daher stärker als bisher eine Hochschulreform ä la Berlin, eine Verpoliti- sierung von Lehre und Forschung, die Umfunktionierung des Studienbetriebes in eine Machtsphäre radikaler politischer, vor allem marxistischer Gruppen um jeden Preis verhindern.

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