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Hochschulreform: zweite Phase

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Der von Unterrichtsminister Doktor Pdffl-Percevic im Jänner 1965 eingesetzte Rat für Hochschulfragen hat mit der Erstellung des Entwurfes für das allgemeine Hochschulstudiengesetz seine Tätigkeit keineswegs eingestellt. Wenn auch die öffenthehkeit über das Wirken dieses aktiven Berartungskörpers nicht mehr toformiert wurde, hat er doch in häufigen Tagungen die Grundlagen für die Fortsetzung der Hochschulreform ausgearbeitet. In langwierigen Verhandlungen mit dem Bundeskanzleramt und mit dem Ftoanzministerium wurde nunmehr von der Hochschulsektion des Unterrichtsministeriums eine Gesprächs-basis für die Realisierung der Reformvorschläge gefunden.

Die abgestimmten Reform-vorschläge wurden vom Bundesminister für Unterricht zu einer Art Vorbegutachtungsveriahren an sämtliche österreichische Hochschulen und alle österreichischen Hochschulprofessoren ausgesendet. In besonderen Kommissionen sollen die Fakultäten und Hochschulen bis spätestens 7. Oktober d. J. zu den Reformvorschlägen Stellung nehmen. Auf der Basis der Vorschläge der Hochschulen wird im Herbst das ordentliche Begutachtungsverfahren für die sechs neuen Hochschulreformgesetze durchgeführt werden. Die Gesetze, die ursprünglich am 1. Jänner 1968 in Kraft treten sollten, sollen nun mit 1. März 1968, dem Beginn des Sommersemesters, wirksam werden. Die parlamentarische Behandlung wird nämlich angesichts der Budgetdebatte im Herbst frühestens im Jänner beziehungsweise Februar 1968 möglich sein.

Akademische Zwischenstufen

Um welche Reformvorschläge handelt es sich in den einzelnen Gesetzentwürfen? Di|e bedeutendsten Neuerung stellt wohl die Einführung einer neuen Kategorie von Hochschullehrern, den sogenannten Universitätsdozenten, dar. Unter Universitätsdozenten versteht man derzeit noch Personen, die nach erfolgter Habilitation die venia legendi an einer Universität erhalten haben. Dies war eine Neuerung des Hoch-schulorganisatiansgesetztes aus dem Jahre 1955. Früher hatten diese Personen den Titel „Privatdozent“. Nunmehr sollen die Dozenten wieder den Titel „Privatdozent“ erhalten, soweit sie eben nicht in ein festes, aber begrenztes Anstellungsverhältnis als Universitätsdozenten an einer wissenschaftlichen Hochschule ernannt werden. „Bei ausgezeichneten Leistungen in der wissenschaftlichen Forschung und entsprechenden pädagogischen Fähigkeiten können Universiitätsassistenten mit der Lehrbefugnis als Privatdozent und andere Personen mit der Lehrbefugnis als Privatdozent, welche die allgemeinen Voraussetzungen für die Aufnahme in ein öffentlich-rechtliches Dienstverhältnis erfüllen, zu Unwersitätsdozenten ernannt werden“, heißt es in § 1 des neuen Gesetzes. Die Dauer des Dienstverhältnisses, des Universitätsdozeniten ist zunächst auf sechs Jahre beschränkt. Nach dieser Zeit ist zu entscheiden, ob ein dauerndes Dienstverhältnis eingegangen oder ob das Dienstverhältnis gelöst wird. Den Universitätsdozeniten obliegt auf dem Gebiete ihrer Lehrbefugnis als Privatdozent die Erfüllung der ihnen auferlegten Lehrverpflichtungen, die Pflege der wissenschaftlichen Forschung sowie die Ausübung der ihnen allenfalls übertragenen Funktionen als Abteilungsleiter (Stationsleiter) eines Hochschulinstitutes (einer Klinik). Den Universitätsdozenten soll ausreichend Zeit für die wissenschaftliche Forschung gewährt werden. Nach dem dritten Jahr soll ex einen Anspruch auf Beurlaubung in der Dauer eines Studienjahres für Forschungszwecke haben. (Forschungsjahr.) Diese neue Zwischenstufe zwischen dem Hochschulassistenten, der nunmehr an den wissenschaftlichen Hochschulen den Titel „Uraiversiitätsassistent“ erhält (bei Ärzten und Tierärzten „Assistenzarzt“, an der Akademie der bildenden Künste weiterhin „Hochschulassistent“) und dem außerordentlichen Professor, welche auch gehaltsmäßig zwischen den beiden anderen erwähnten Gruppen von Hochschullehrern steht, soll vor allem das Personalproblem bei der Hochschulreform lösen helfen und die Abwanderung habilitierter Fachkräfte aus Österreich vermindern. Die Assistenten erhalten nach der Habilitation und Zuirücklegung einer sechsjährigen Dienstzeit den Titel

„Umversitätso.berassistent“ beziehungsweise „Oberarzt“, an der Akademie der bildenden Künste „Oberassistent“. Soweit die Assistenten in ein dauerndes Dienstverhältnis übernommen werden, erhalten sie an den wissenschaftlichen Hochschulen den Amtstitel „Umversitätsrat“, und an der Akademie der bildenden Künste den Titel „Akademierat“.

Novellierung des Gehaltsgesetzes

Auch das Gehaltsgesetz für die Hochschullehrer wird stark novelliert. Die Verhandlungen über die neuen Ansätze für die Hochschul-lehrergehälter sind allerdings noch nicht zur Gänze ausgetragen. Mit der Beibehaltung der bisherigen Gehaltsansätze in den unteren Gehaltsstufen wird es nicht möglich sein, der ausländischen Konkurrenz standzuhalten. Völlig neu gefaßt wurde das Hochschultaxengesetz. Das bestehende Gesetz aus dem Jahre 1953 entspricht in keiner Weise mehr dem ursprünglichen Sinn. Heute ist es so, daß Studenten, die eine hohe Studienbeihilfe des Bundes nach dem Studienbeihilfen-gesetz erhalten, dennoch keine Ermäßigung der Hochschultaxen gewähnt wird, weil die Sätze des Jahres 1953 einfach durch die Lohnentwicklung völlig überholt sind. Leider hat man auch in das neue Hochschultaxengesetz wieder fixe Sätze eingebaut, so daß nach einigen Jahren mit einer Novellierung zu rechnen ist.

Neuregelung des Berufungsverfahrens

Starke Änderungen erfährt auch das Hochschulorganisationsgesetz aus dem Jahre 1955, vor allem die Berufung der Professoren wird einer ausführlichen Regelung unterzogen. Schon zwei Jahre vor dem Zeitpunkt des voraussehbaren Freiwerdens eines Ddeinstpostens eines ordentlichen oder außerordentlichen Umi-versitätsprofessors muß das Profes-sonenkollegium eine Kommission einsetzen. Die Kommission pnuß im In- und Ausland nachforschen, welche geeigneten Kandidaten für die Besetzung in Betracht kommen. Berufen können nicht nur Personen mit einer Lehrbefugnis, sondern auch solche werden, die in einem Maße durch wissenschaftliche Arbeiten ausgewiesen sind, welches den Voraussetzungen entspricht, die für die Erlangung einer solchen Lehrbefugnis zu fordern sind. Die Kommission muß auch Bewerbungen berücksichtigen, welche an die Fakultät gerichtet werden^ Der Vorschlag muß, so wie bisher, drei Namen enthalten. Die Nennung von zwei oder mehr Kandidaten im gleichen Rang soll in Zukunft unzulässig sein. Kandidaten, die nicht wenigstens ein Jahr an einer wissenschaftlichen Hochschule gewirkt haben oder eine gleich zu haltende wissenschaftliche Tätigkeit an einer anderen Institution aufzuweisen haben, dürfen in den Besetzungsvorschlag nicht aufgenommen werden. Wenn die akademische Behörde durch eineinhalb Jahre säumig ist, so kann das Bundesministerium für Unterricht eine Kommission aus Faebvertretern anderer Hochschulen einsetzen, die dann den Besetzungsvorschlag zu erstellen hat.

Leider sind die notwendigen organisatorischen Änderungen, Wie zum Beispiel die Schaffung eines verlängerten Rektorates im neuen Orgamsationsgesetz noch nicht enthalten. Das einjährige Rektorat ist bei den hohen Anforderungen an die Verwaltungstätigke'it unserer Zeit kaum mehr zu halten. Auch eine Änderung des Gehaltsüberleitungsgesetzes wird durch die neue Kategorie der Universitätsdozenten, die man vielleicht besser als Instiituts-professoren bezeichnet hätte, notwendig.

„Institutsprofessoren“

Da in Österreich schon die Lehrer an den höheren Schulen als Professoren bezeichnet werden, wäre es wohl vertretbar, die habilitierten und in einem festen Dienstverhältnis befindlichen Lehrkräfte ebenfalls mit einem Professorentitel zu bedenken. Im Gegensatz zu den Uni-versitätsprofessoren (dieser Titel wird, jetzt allgemein für alle Professoren an den wissenschaftlichen Hochschulen eingeführt) könnte man diesen Kreis der akademischen Lehrer vielleicht als „Instituitsprofesso-ren“ bezeichnen.

Die zum Vorbegutachtungsverfah-ren ausgesendeten Gesetze stellen einen erfreulichen und mutigen Schritt im Rahmen der begonnenen österreichischen Hochschulreform dar. Es ist zu hoffen, daß die einzelnen Hochschullehrer und die Kollegien von dem ihnen so großzügig eingeräumten Begutachtungsrecht ausführlich Gebrauch machen.

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