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Bald objektive Leistungsfeststellung der Beamten?

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Allgemein könnte man das Gesetz übet eine Verwaltungsakademie für Bundesbeamte als den Versuch umschreiben, durch Errichtung einer Institution auch zu einer derzeit noch fehlenden, sachlichen Konzeption zu gelangen. Die Aufgaben der Verwaltungsakademie sind • die Grundausbildung von Bundesbediensteten, • die Ausbildung von Bundesbediensteten für den Aufstieg in höhere Verwendung, • die berufsbegleitende Fortbildung von Bundesbediensteten und • die Schulung von Führungskräften.

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Allgemein könnte man das Gesetz übet eine Verwaltungsakademie für Bundesbeamte als den Versuch umschreiben, durch Errichtung einer Institution auch zu einer derzeit noch fehlenden, sachlichen Konzeption zu gelangen. Die Aufgaben der Verwaltungsakademie sind • die Grundausbildung von Bundesbediensteten, • die Ausbildung von Bundesbediensteten für den Aufstieg in höhere Verwendung, • die berufsbegleitende Fortbildung von Bundesbediensteten und • die Schulung von Führungskräften.

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Gemäß Paragraph 17 leg. cit. soll durch die Grundausbildung den Bundesbediensteten das erforderliche Wissen für die Ablegung der für die Anstellung oder die Definitivstellung vorgeschriebenen Dienstprüfungen vermitelt werden.

Die Ausbildung für den Aufstieg in höhere Verwendung eröffnet die Möglichkeit, durch die Absolvierung von Aufstiegskursen insbesondere im Bereich der Rechts-, Sozial- und Wirtschaftswissenschaften ohne Abschluß des entsprechenden Hochschulstudiums in die Verwendungsgruppe A zu gelangen (Paragraph 21 ff). 1

Das Für und Wider dieser Regelung wurde in der Nationalratsdebatte besonders eingehend erörtert. Was von den beiden überwiegt, wird wohl erst die Praxis zeigen. So sehr es wünschenswert ist, daß tüchtige B-Beamte mit A-wertiger Verwendung in denjentsprechenden Dienstrang gelangen, wäre es anderseits kaum im Interesse des öffentlichen Dienstes gelegen, wenn durch die eineinhalbj ährigen Ausbildungskurse die Verwendungsgruppe B zu einem Durchlaufposten degradiert würde. Wenn auch die vorliegenden politischen Absichtserklärungen dies ausschließen, darf doch die Eigendynamik einmal bestehender institutioneller Möglichkeiten nicht unterschätzt werden.

Die berufsbegleitende Fortbildung dient der Ergänzung und Erweiterung der Kenntnisse und Fähigkeiten der Beamten über die reine^Fach-fortbildung hinaus, unter Berücksichtigung anderer, insbesondere verwandter Verwaltungszweige (Paragraph 27 ff). Letztlich soll durch die Führungskräfteschulung Personen, die auf Grund ihrer Stellung befugt sind, maßgebliche Entscheidungen hinsichtlich der Planung, Organisation, Kontrolle und Durchführung gesetzter Ziel zu treffen oder diese zu beeinflussen, die Möglichkeit zur Ergänzung, Erweiterung und Vertiefung der für ihre Tätigkeit erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten geboten werden (Paragraph 34 ff).

So weit, so gut. Die Ausbildungsziele der Verwaltungsakademie sind durchaus zu billigen und könnten als Prolog für die umfassende Personalreform verstanden werden, wenn, ja wenn sie auch realisiert würden. Und hier ist doch eine gewisse, hoffentlich unbegründete Skepsis am Platz. Dies zwar nicht, soweit es die äußere Organisation der Akademie betrifft. Der unmittelbar dem Bundeskanzler unterstehende Direktor und sein Verwaltungs- und Hilfspersonal einerseits, der fünfzehnköpfige Beirat und der Lehrkörper anderseits, repräsentieren zumindest nach außen eine respektable Bildungsanstalt.

Nur wie es im Inneren aussieht — und das geht vor allem ja die Besucher dieser Anstalt etwas an — darüber gibt das Gesetz keine Aufschlüsse.

Gemeint ist hier vor allem die Frage der Lehrinhalte, die den Beamten vermittelt werden sollen. Der Gesetzgeber läßt — abgesehen von den schon erwähnten Zielvorstellungen — die inhaltliche Gestaltung der Unterrichtspläne offen und vertraut hier ganz auf die Entscheidung der leitenden Organe der Akademie. Er überträgt ihnen damit nicht mehr und nicht weniger als die Aufgabe, die Personalreform auf dem Ausbildungssektor allein zu bewältigen. Er schafft die Institution, aber nicht die Konzeption. Die Verantwortung der Verwaltungsakademie ist daher besonders groß. Nochmals sei darauf hingewiesen, daß der „verwaltungsreife“, organisationstheoretische und planungswirtschaftliche Fundus der Personalreform in Österreich noch sehr bescheiden ist. Es wird daher vor allem Aufgabe des Beirates und des Lehrkörpers sein, erst ein Bildungsangebot zu schaffen, das auch Führungskräften attraktiv erscheint. Das aber wiederum setzt zumindest voraus, daß man die Verwaltungswissenschaft als einen Schwerpunkt in den Unterrichtsplänen verankert. Kann man sich dazu nicht entschließen, dann läßt sich das zukünftige Schicksal der Verwaltungsakademie unschwer voraussehen. Es wird der Weg des geringsten Widerstands sein, nämlich — wie dies bei den schon seit Jahren eingerichteten „Lehrgängen Rechtskundiger Dienst“ der Fall ist — die Konzentrierung auf die Grundausbildung. In der Praxis bedeutet dies die Dominanz der traditionellen Fächer des öffentlichen Rechts, wobei der Unterschied zur 3. Staatsprüfung nur darin besteht, daß das Besondere Verwaltungsrecht in allen seinen Facetten dargestellt und auch geprüft wird. Dahingestellt mag dabei bleiben, ob es den Einsatzwert eines* Polizeijuristen erhöht, wenn er — wie bisher — in einem viermo-natigen Frontalunterricht Gelegenheit erhält, seine Kenntnisse über das ASVG aufzufrischen.

Der Akademiegesetzgeber hat sicherlich, zumindest mit seinen Bestimmungen über die berufsbegleitende Fortbildung und die Führungskräfteschulung, höhere Ziele angepeilt und damit den Anstaltsfunktionären einen hohen Vertrauensvorschuß gegeben. Der Bildungswille der Beamtenschaft ist groß, das haben die bereits durchgeführten sechs Lehrgänge gezeigt. Nicht zuletzt erwartet sich auch die Öffentlichkeit von dieser Fortbildungsinstitution kräftige Impulse im Hinblick auf eine — über Besoldungsfragen hinausführende — Verwal-tungsrefom. Es liegt also jetzt am Personal der Akademie selbst, die Bedürfnisse der Verwaltung unter dem Blickwinkel des Leistungs- und

Gestaltungsstaates zu artikulieren und sie den jungen Beamten in didaktisch ansprechender Form zu vermitteln. Ausländische Vorbilder — zumindest was die Bildungsinhalte betrifft — gibt es, siehe ENA (Ecole Nationale d'Administration) oder die Bundesakademie für öffentliche Verwaltung in Bonn, zur Genüge. Ob die Verwaltungsakademie diese Vorbilder erreicht, oder sich dem Niveau eines besseren Rechtskurses nähert, wird nicht zuletzt auch den gesellschaftlichen Stellenwert der Verwaltung in den nächsten Jahrzehnten bestimmen.

Besoldungsreform

Die Verwaltungsakademie bildet einen politisch — zumindest im Grundsatz — allseits gebilligten Überbau der Funktionsreform des öffentlichen Dienstes. Der harte Kern besteht aber in der Besoldungsreform. Hängt doch im allgemeinen auch vom Leistungsentgelt die Arbeitsfreude .ab. Das ist bei den Beamten nicht anders. Eine Betrachtung der Gesamtreform kann an den Besoldungsfragen daher auch nicht vorübergehen. Hier interessieren allerdings nicht die Zahlen oder die Frage, ob die Teuerungsabgeltung durch fixe Zuschläge, durch prozentuelle Gehaltsaufbesserung oder durch ein Mischsystem erfolgen soll, wenngleich die hier bestehenden Auffassungsunterschiede die harte Tagespolitik bestimmen. Die allgemeine Bedeutung der Besoldungsreform liegt vielmehr in ihrem Bestreben, durch eine Differenzierung der Gehaltslaufbahn die Leistungsmotivation der Beamten zu steigern. Die diesbezüglichen Verhandlungen zwischen dem Bundeskanzleramt und den Gewerkschaften des Öffentlichen Dienstes begannen Anfang 1974, ihr Ende ist noch nicht abzu-IfSlSi. Den Kern““äe*8f4eratungen bildet die Gliederung de?**Bezüge

(mit Ausnahme der festen Bezüge der beamteten Spitzenfunktionäre) in eine Grundlaufbahn und in eine Funktionslaufbahn.

In der Grundlaufbahn werden Beamte mit gleicher Vorbildung in eine der vorgesehenen neun Gehaltsgruppen zusammengefaßt und eingestuft. Die Einstufung erfolgt entsprechend der Vorbildung und der Dienstverwendung.

Die Funktionslaufbahn sieht zehn Funktionsgruppen vor. Jede Funktionsgruppe ist wiederum in drei Abgeltungsstufen unterteilt. Die Funktionszulage verdoppelt sich nach sechs Jahren und verdreifacht sich nach zwölf Jahren Innehabung einer Funktion. Voraussetzung für die Zuerkennung einer Funktionszulage ist die vom Dienstgeber unabhängige Verleihung einer (Funk-tions-)Planstelle, die einen Zulagenanspruch begründet. Diesen Funktionsgruppen wären Richtfunktionen zuzuordnen, die ressortmäßig in einem Katalog zusammengefaßt und definiert sein müßten.

Der Bezug eines Beamten ohne Funktion beschränkt sich auf das Grundgehalt, der Bezug eines Funktionsträgers umfaßt sowohl das Grundgehalt als auch die Funktionszulage.

Dieser Verwaltungsvorschlag stößt bei den Gewerkschaften zum Teil auf Widerstand. Dies ist verständlich, können doch nicht alle Beamten in den Genuß einer Funktionszulage kommen. Auch das Prinzip der „Besitzstandswahrung“ wird bei den dienstälteren Beamten in Frage gestellt. Uber den Bereich dieser Interessenstandpunkte hinaus führt aber das Problem der mangelnden Dienststellenbewertung im öffentlichen Dienst. Denn die besondere Vergütung einer bestimmten Funktion setzt voraus, daß die Wertigkeit dieser Funktion objektiv ermittelt wird.

Dabei gegnügt es natürlich nicht, abstrakt bestimmte Dienstposten einer bestimmten Verwendungsgruppe zuzuordnen, wie dies die Dienstzweigeordnung des GÜG 1946 i. d. F. BGBl. 1974/180 vorsieht, sondern es muß jeder Dienstposten im Hinblick auf seine Anforderungen einzeln bewertet werden. Liegen solche objektive Maßstäbe nicht vor, dann besteht zumindest die Gefahr, daß bei der Hervorhebung einer bestimmten Funktion auch politische Intentionen zum Tragen kommen. Beim Stand der Dinge ist eine solche Befürchtung nicht ganz von der Hand zu weisen.

Um so erfreulicher ist es daher, daß das Bundeskanzleramt schon grundsätzliche Überlegungen angestellt hat, die auf eine Objektivierung der Beamtenkarriere hinzielen. Zwar nicht — wie zu erwarten gewesen wäre — auf dem Sektor der Arbeitsplatzbewertung, dafür aber hinsichtlich der Leistungsfeststellung der Beamten. Die Erläuterungen zum diesbezüglichen Gesetzesentwurf führen aus: „Für ein modernes und leistungsgerechtes Besoldungssystem ist eine Feststellung der vom Beamten erbrachten Leistung eine unabdingbare Voraussetzung. Das derzeit geltende Dienstbeurteilungssystem wurde durch das Bundesgesetz vom 27. März 1969, BGBl. Nr. 148, mit dem die Dienstpragmatik abgeändert wird (Dienstpragmatik Novelle 1969) modernisiert. Auf dem Lehrersektor wurden analoge Änderungen durch die Novelle zur Lehrerdienstpragmatik, BGBl. Nr. 287/ 1969, vorgenommen. In seinen Grundzügen ist jedoch das Dienstbeurteilungssystem so alt wie die Dienstpragmatik selbst. Trotz der durch die oben erwähnte Novelle durchgeführten Änderungen verstummten die Kritiken nicht, die eine Ablösung der derzeit geltenden verwaltungsaufwendigen Dienstbeurteilung durch ein einfacheres System fordern. Die Kritiker bemängeln vor allem, daß für große Gruppen von Beamten eine periodische (jährliche, dreijährliche, auch ohne Vorliegen eines Anlasses)

Dienstbeurteilung vorgesehen ist, daß die Dienstbeurteilungstabelle das beschreibende Organ nur allzuoft verleitet, die Eintragungen vom Vorjahr zu wiederholen, daß der beurteilte Beamte erst nach Abschluß des Verfahrens — wenn die Gesamtbeurteilung vorliegt — von dieser Kenntnis erlangt und daß der Personalaufwand in keinem Verhältnis zum angestrebten Erfolg, nämlich der Schaffung von tauglichen Grundlagen für Beförderungen und Funktionsverleihungen steht. Obwohl die Dienstbeurteilungskommission aus fünf Mitgliedern besteht, kennt nur in den seltensten Fällen eines der Mitglieder den zu beurteilenden Beamten. Dies hat zur Folge, daß die Gesamtbeurteilung fast immer der Dienstbeschreibung folgt. Nur bei mangelhafter oder sich widersprechender Dienstbeschreibung werden von der Dienstbeurteilungskommission die notwendigen Erhebungen oder Ergänzungen veranlaßt'.'?“ *•.„,“, Angesicht dieser Situation kann die Einführung einer objektiven Leistungsfeststellung im öffentlichen Dienst nur begrüßt werden. Ihr Erfolg wird insbesondere davon abhängen, ob es gelingt, einigermaßen objektive Bewertungsfaktoren für die Leistungsfeststellung zu entwik-keln. Die derzeit zur Debatte stehenden Kriterien, wie Arbeitsergebnis, Fachkenntnisse, Pflichterfül-lung, Arbeitsfreude, organisatorische Fähigkeiten, Verhalten, Ausdruck, Auffassungsgabe, Selbständigkeit, Urteilsfähigkeit, Temperament und Spannkraft, sind zumindest zum Teil dazu geeignet. Problematisch sind lediglich jene Kriterien, die einer objektiven Beurteilung kaum zugänglich sind, wie Arbeitsfreude, Temperament oder Spannkraft. Grundsätzlich sollten doch nur die für die Leistung unmittelbar konstitutiven Eigenschaften eines Beamten für dessen Beurteilung erheblich sein.

Auslese durch Ausschreibung

Eine Eigenheit jeder Reform ist es, daß sich ihre Fortschritte nicht nur nach sachlichen Überlegungen richten, sondern vor allem durch das politisch Machbare bestimmt werden. Das beweisen nicht nur das Verwaltungsakademiegesetz und die skizzierte Problematik der Besoldungsreform, sondern auch der Umstand, daß mit dem Ausschreibungsgesetz 1974/700 sozusagen ein Schlußstein der Personalreform an deren Anfang gestellt wurde. Denn auch die Ausschreibung leitender Funktionen setzt doch die Lösung der skizzierten objektiven Funktionsbestimmungen voraus, weil sich erst damit der Maßstab für die besondere Eignung eines bestimmten Bewerbers ergibt. Trotz dieser Lücke bildet das Ausschreibungsgesetz einen wichtigen Beitrag zur Leistungsgerechtigkeit der Verwaltung. Einzelne Mängel, wie insbesondere die fehlende Parteistellung des Bewerbers und die Freizügigkeit des Ressortleiters hinsichtlich seiner endgültigen Personalentscheidung, könnten vielleicht im Zuge der Objektivierung des Ausleseverfahrens noch beseitigt werden.

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