6723087-1965_20_08.jpg
Digital In Arbeit

Magister und Doktor

Werbung
Werbung
Werbung

Zur Hochschulstudienreform gehört auch eine grundsätzliche Neuordnung der Titelfrage der Akademiker, insbesondere die Schaffung neuer akademischer Grade.

Hier sollen nun von einer Seite, die sich bereits seit vielen Jahren durch eine Anzahl von Publikationen um diese Probleme bemüht hat, einige Vorschläge zur Diskussion gestellt werden, die sich — aus Gründen, die weiter unten dargelegt werden — vor allem mit der akademischen und staatlichen Titulatur der Gymnasialprofessoren befassen.

Das Gesamtkonzept der einschlägigen Fachleute befürwortet eine Dreiteilung des Studiums, das zunächst einmal in einer ersten Phase, die vier bis sechs Semester dauern soll, das Grundwissen des betreffenden Faches zu vermitteln hätte. Der Absolvent dieses ersten Studienabschnittes erhäjt den altehrwürdigen, an amerikanischen und englischen Universitäten noch erhalten gebliebenen akademischen Grad eines Baccalaureus. Abgesehen von anderen Erwägungen hätte so ein Zwischengrad (für alle Studienrichtungen) den Vorteil, daß Studenten, die aus irgendwelchen Gründen die Hochschule bereits .zu diesem Zeitpunkt-verlassen, dies'nicht mit dem Gefühl (und dem Stigma) eines verbummelten Studiosus tun müssen, sondern im Gegenteil mit ihrem Baccalaureus im weiteren Berufsleben einen gewissen Einblick in das betreffende Fachgebiet nachweisen können und sie dadurch auch höher qualifiziert erscheinen als etwa B-Beamte mit bloßer Matura.

Eine weitere Stufe der Ausbildung stellt den normalen Abschluß aller jener Studien dar, die unmittelbar zu einer Berufsform mit voller Hochschulqualifikation führen, also etwa Ärzte, Techniker, Juristen, Pharmazeuten, Wirtschaftsfachleute, Professoren an höheren Schulen. Für diese Absolventen sollen, verschiedenen Versionen nach, „Diplom- und Magistergrade“ geschaffen werden. Hier aber scheiden sich bereits die Geister: Vor allem erhebt sich ein starker Widerstand gegen gewisse Diplomgrade (zum Beispiel „Diplomarzt“, „Diplomphilosoph“), die in der Tat ganz unmöglich klingen und die — da sie niemals Fuß fassen könnten — den Zweck der ganzen Reform in Frage stellen würden (Prof. Duda, ÖHZ vom 15. Februar 1965). Andere Kritiker wiederum (Mag. pharm. Stain, ÖHZ vom 15. Jänner 1965) gehen noch weiter und fordern den Magistergrad für alle Studienabschlüsse der zweiten Stufe.

Es soll nun hier, da die letztgenannte Lösungsmöglichkeit keineswegs erforderlich ist, ja sogar zu neuen Komplikationen (bei den Kandidaten des höheren Lehramtes) führen würde, als Kernstück der Ausführungen dargelegt werden, daß in diesem Studienabschnitt die Verwendung von drei verschiedenen Graden am zweckmäßigsten zu sein scheint. Der zur Diskussion gestellte Vorschlag geht dahin, den Absolventen der technischen Studien (Technik, Montanistik, Bodenkultur) den Diplomingenieur zu belassen, weiters für die Theologen, die Juristen und Philosophen die ebenfalls traditionsreiche Würde eines Lizen-tiaten zu verleihen, während Ärzte, Pharmazeuten und Gymnasialprofessoren den akademischen Grad eines Magisters erreichen.

Die besonderen Verhältnisse, die bezüglich der philosophischen Fakultät wegen der Parallelität von reinen Fakultäts- und Lehramts-stüdien vorliegen, bedürfen hier einer näheren Erläuterung.

Derzeit ist es so, daß ein Student, der die philosophische Fakultät bezieht (abgesehen von der Pharmazie) zwei Studienmöglichkeiten hat: Doktorat und Lehramt für Mittelschulen. Nun ist beim Doktorat nur ein Fach zu studieren (das sogenannte „Nebenfach“ des Rigoro-sums kann dabei als nicht in die Waage fallend außer Betracht bleiben), während der Lehramtskandidat im allgemeinen zwei Hauptfächer in ihrem gesamten Umfang zu studieren hat, zudem noch durch eine Reihe weiterer Vorprüfungen,natürlich auch durch zusätzliche pädagogische Studien sehr stark beansprucht wird. i

Nun, was die Titelfrage betrifft, ergibt sich zur Zeit auf der philosophischen Fakultät folgende groteske Situation: Ein Hörer, der zum Beispiel lediglich Latein studiert hat, verläßt die Universität als „Doktor der Philosophie“, während ein anderer Kollege, der — im Rahmen seines Lehramtsstudiums — das Gesamtgebiet der klassischen Philologie (also auch Griechisch) beherrscht, ohne jeden akademischen Grad in das Berufsleben tritt. Das ist eine Ungerechtigkeit sondergleichen, die natürlich auf allen Gebieten (nicht nur in gesellschaftlichem Bereich) weitere Mißstände zur Folge hat.

Es ist daher eine Ehrenpflicht der akademischen Behörden (und des Staates), hier Abhilfe zu schaffen, und das neue Hochschulstudiengesetz liefert dazu den nowendigen gesetzlichen Rahmen. Im einzelnen sei diesbezüglich folgende Regelung zur Diskussion gestellt: Jene Absolventen (der zweiten Stufe), die nur ein Fach studieren, zum Beispiel Latein, Philosophie, Geologie, Chemie (also die derzeitigen „Nur“-Doktoren), erhalten den Grad eines Lizentiaten: entweder als Lic. phil. oder, spezialisiert, Lic. litt, beziehungsweise Lic. rer. nat. Es wird jeder Unvoreingenommene zugeben, daß etwa „Lizentiat der Philosophie“ ganz anders klingt als „Diplomphilosoph“ und „Lizentiat der Rechte“ ganz anders als „Diplomjurist“: sprachlich, psychologisch und historisch eine einwandfreie Lösung! Im Gegensatz dazu wäre für die Lehramtsanwärter mit ihren wesentlich umfangreicheren Studien der Magistergrad wie geschaffen: entweder als Mag. phil. oder (entsprechend dem Lizentiaten), spezialisiert, als Mag. litt, beziehungsweise Mag. rer. nat.

Es ist wohl selbstverständlich, daß alle akademischen Grade im Rahmen entsprechend würdiger Feiern verliehen werden: So wird es der absolvierte Anwärter für das höhere Lehramt dankbar begrüßen, wenn er nun als Magister in feierlicher Promotion das Studium beschließt.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung