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Assistenten ringen um neues Dienstrecht

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Die Unruhe unter den Assistenten dringt kaum in die Öffentlichkeit. Eine Demonstration der Techniker vor der Oper, ein eintägiger Streik der Klagenfurter im Sommer, beides als Antwort auf den - bisher - letzten Gesetzentwurf eines neuen Hochschullehrer-Dienstrechts wurden kaum zur Kenntnis genommen. Das bedeutet nicht, daß der „Mittelbau“ an unseren höchsten Bildungsanstalten keine Sorgen hätte.

Nicht zuletzt um die Assistenten ging es, wenn es in den vergangenen Jahren nicht möglich war, dieses neue Hochschullehrer-Dienstrecht zu verabschieden, obwohl schon während der Diskussion um die Strukturreform der Hochschulen ein solches als notwendige „flankierende Maßnahme“ allgemein anerkannt worden war. Wie konnte eine Regelung erreicht werden, die anerkannte, daß der Wissenschaftsbetrieb ohne die Assistenten zusammenbrechen müßte, aber gleichzeitig, daß auch für

Wieviele haben eine Chance, schließlich Professor zu werden?

den Assistenten - zum mindesten bis zur Promotion - ein gutes Stück Ausbildung mit einzurechnen wäre; eine Regelung, die ebenso dem legitimen Anspruch der Assistenten auf soziale Sicherheit wie den notwendigen Qualitätskriterien der Hochschule und der dadurch bedingten Mobilität genügen konnte.

Erschwert würde die Diskussion durch das Fehlen entsprechender Daten. Es genügt nicht auszuweisen, daß es an den zwölf österreichischen Universitäten 399 habilitierte Assistenten, 4639 Universitäts- und Vertragsassistenten (ohne Habilitation) und 612 Studienassistenten gibt. Man muß wissen, wie lange sie normalerweise ihre Funktion ausüben, wie lange sie brauchen, um das Doktorat zu erwerben und sich zu habilitieren - aber auch, wie vielen von ihnen in den vergangenen Jahren der Sprung auf ein Ordinariat oder auf den Dienstposten eines außerordentlichen Professors gelungen ist.

Man müßte auch vorauskalkulieren können, wie viele von ihnen eine Chance haben werden, in den kommenden zehn oder 20 Jahren dieses

Ziel zu erreichen - angesichts der Tatsache, daß das Durchschnittsalter der österreichischen Universitätsprofessoren in den vergangenen Jahren entscheidend gesenkt worden ist. Trotz einer sehr intensiven Hoch-, schulstatistik gibt es keine solchen Zahlen. Es lag daher ganz in der Privatinitiative von vier Assistenten der Technischen Universität Wien, wenigstens ihren unmittelbaren Kollegenkreis zu durchleuchten und durchzurechnen. Deswegen präsentierten sie auch die Ergebnisse bewußt nicht als gültig für die Assistentenfrage im allgemeinen. Assistenten-Präsident Gerhard Windischbauer ließ trotzdem durchblicken, daß die Untersuchung ihre Bedeutung für die weiteren Verhandlungen haben werde. Denn etwa das Schlagwort von der „Versteinerung“ des Mittelbaus scheint widerlegt, wenn die Hälfte aller jener Kollegen, die seit 1962 eine Assistentenstelle angenommen haben, inzwischen wieder die Hochschule verlassen haben.

Die Studie bestätigte bekannte und enthüllte unerwartete Aspekte. Man

wird sie für andere Universitäten, andere Fachbereiche weiterführen müssen, um ein allgemein gültiges Bild von der Lage der Assistenten zu bekommen. Dieses sollte dann mithelfen, ein Übel abzustellen, dasnur am Rande anklang, aber doch offenbar eines der Hauptprobleme des Assistentendaseins darstellt: Alles das, was der Assistent in seinen Jahren an der Universität, an der Seite bekannter Wissenschaftler, lernt und übt, scheint völlig uninteressant zu sein, wenn er das Institut verläßt und sich außerhalb der Universität eine neue Existenz aufzubauen sucht.

Ein wichtiges, volkswirtschaftlich und gesellschaftspolitisch unersetzliches Potential an Wissen und Erfahrung wird hier völlig negiert. Der junge, nicht habilitierte Assistent, der fünf Jahre nach dem Studienabschluß auf der Universität geblieben ist, sieht sich auf dem Arbeitsmarkt neben dem noch jüngeren Absolventen, den er gerade ausgebildet hat, durch das höhere Alter benachteiligt. Den Älteren, bei dem es zur Habihtie-rung nicht reichte oder der aus anderen Gründen ausgeschieden ist, erwächst aus seiner Universitätszeit kein größerer Gewinn, als wenn er die Jahre in irgend einem anderen „Job“ zugebracht hätte.

Gleichzeitig aber entsenden große Wirtschaftsbetriebe ihre Führungskräfte auf Fortbildungsseminäre, um ihnen beibringen zu lassen, wie man mit Mitarbeitern umgeht, wie man Projekte plant, wie man einen Bürobetrieb organisiert, ja selbst, wie man in Mitbestimmungsgremien Demokratie betreibt.

Mag sein, daß alle diese Tätigkeiten, die der Assistent neben seiner wissenschaftlichen Arbeit mitzuvoll-ziehen hat, in allzuvielen Fällen noch zu dilettantisch gehandhabt werden,

Ein unersetzliches Potential an Wissen und Erfahrung wird total negiert

daß auch ihm die systematische Ausbildung hierzu abgeht. Aber er muß sie ausüben, auch wenn sie ihm mitunter nicht behagen. Und diese Schulung in der Praxis nicht zur Kenntnis zu nehmen, wenn er seine Erfahrungen auf anderem Gebiet einsetzen soll, bedeutet, wertvolles Können brachliegen zu lassen.

Dies alles sollte nicht nur bei der Neufassung des Dienstrechts mit

überlegt werden. Mehr Fluktuation zwischen Universität und außeruniversitären Forschungseinrichtungen durch eine Erleichterung des Wechsels würde beiden Bereichen guttun.

Aber auch die Personalbüros der Wirtschaft, die Interessensvertretun-gen müßten zur Kenntnis nehmen, daß der ausgeschiedene Universitätsassistent mehr mitbringt,-als sein eben erst absolvierter Kollege - auch wenn es bei beiden noch nicht das unmittelbare Fachwissen für den Betrieb ist. ,

Die Assistenten selber sollten sich mehr als bisher bewußt werden, daß zum modernen Wissenschaftsbetrieb längst nicht mehr die reine Forschung, abgeschirmt von der bösen Umwelt, genügt. Die Elemente des Umgangs mit Mitarbeitern - Psycho-

logie, Pädagogik, Didaktik, Gruppendynamik -, sind für ihn ebenso unerläßlich, wie Planungs- und Verwaltungskenntnisse - ob er nun in der Wissenschaft bleibt oder sich

Auch im modernen Wissenschaftsbetrieb genügt die reine Forschung längst nicht mehr

dem Konkurrenzkampf außerhalb der Universität stellen muß. Die Aufgabe der Universitätsführung wäre es, den Assistenten die Möglichkeit zu geben, sich diese Kenntnisse auch systematisch anzueignen.

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