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Studienreform - und wie weiter?

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Die Reform unserer Universitäten hat eine bewegte Phase hinter sich. Das UOG hat die organisatorischen Strukturen unserer wissenschaftlichen Schulen wesentlich verändert. Eine bald fünfjährige Praxis mit dem neuen Gesetz wird im Bereich der Wissenschaftspolitik in nächster Zeit eine kritische Bestandsaufnahme notwendig und zweifellos legi- stische Änderungen erforderlich machen.

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Die Reform unserer Universitäten hat eine bewegte Phase hinter sich. Das UOG hat die organisatorischen Strukturen unserer wissenschaftlichen Schulen wesentlich verändert. Eine bald fünfjährige Praxis mit dem neuen Gesetz wird im Bereich der Wissenschaftspolitik in nächster Zeit eine kritische Bestandsaufnahme notwendig und zweifellos legi- stische Änderungen erforderlich machen.

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Die zeitweilig leidenschaftlich geführte Diskussion um die Organisationsreform der Universitäten - im harten Kern um die Mitbestimmung - hat die materielle Seite der Studienreform etwas in den Hintergrund gerückt. Gerade sie wird in den kommenden Jahren ein Schwerpunkt in der Hochschulpolitik sein müssen.

Aufgabe und Ablauf der Studien, Neugestaltung der Prüfungsvorschriften u. dgl. werden aus der Erfahrung heraus verbessert und verschiedentlich neu gestaltet werden müssen.

Das Allgemeine Hochschulstudiengesetz, das 1966 mit der Zustimmung aller Parteien beschlossen wurde, wurde damals nicht zu Unrecht als der Markstein der Hochschulpolitik des damaligen Unterrichtsministers Piffl-Percevič gefeiert. In diesem Gesetz traf sich - wie euphorisch ein Debattenredner im Nationalrat sagte - „die kulturpolitische Verantwortung der Parteien”.

Diese kulturpolitische Verantwortung wird sich auch bei einer Reform des AHStG zeigen. Daß Änderungen notwendig sind, ergibt sich aus der Realität des Studienbetriebes an den Universitäten. Bis heute sind die Studenten in vielen Bereichen über eine passive und konsumierende Rolle nicht hinausgewachsen und absolvieren mit wenig inhaltlichem Engagement ihre Studien. Vor einigen Jahren hat die OECD das Studiensystem in Österreich kritisiert, konkrete Vorwürfe waren hiebei: zu starke Konformität des Studienangebotes, Inflexibilität der Studiengänge, große Abbruchraten und Studienverzögerungen. In der allgemeinen Diskussion wird zunehmend der Vorwurf der Verschulung der Studien erhoben, die eine mangelnde Motivation der Studenten, wenig Kritikmöglichkeiten und das Fehlen eines kreativen Studentenengage- tnents zur Folge hat.

Die Diskussion um die Studienreform hat durch eine vom Bundesministerium für Wissenschaft und Forschung zur Begutachtung ausgesendete Novelle zum AHStG neue Aktualität erhalten. Die vorgeschlagenen Änderungen berühren wichtige Fragenkomplexe, sie sind in ihrem Inhalt jedoch streckenweise nicht unproblematisch. So gibt es zu denken, wenn nunmehr Unterrichtsversuche (ähnlich wie Schulversuche) generell als Instrument der Erprobung für neue Formen des Unterrichts eingeführt werden sollen, wabei die Anweisung hiezu durch den zuständigen Minister erfolgt und der autonomen Entscheidung der universitären Einrichtungen daher entzogen wäre.

Ähnliches gilt für die Gewichtsverschiebung in der Dreistufigkeit der Studienvorschriften: In der Trias Studiengesetz, Studienordnung (Verordnung des Wissenschaftsministers) und Studienplan (durch die Studienkommission festgelegtes Studienprogramm) bedeutet die Aufwertung der Studienordnung und die damit verbundene Abwertung der Studienpläne den Versuch, die Mitwirkung der unmittelbar Betroffenen an der Gestaltung der Studien einzuschränken. Beide Beispiele zeigen, daß man auch bei solchen Reformüberlegurigen gewisse

Grundsätze zum Maßstab nehmen wird müssen.

Meiner Meinung nach wird sich eine Studienreform in den nächsten Jahren an folgenden Leitgedanken orientieren müssen:

• Die materielle Studienreform (Studienablauf, Prüfungswesen) darf nicht zu einer Einschränkung der universitären Autonomie führen, sie soll vielmehr unter dem Gesichtspunkt einer Ausweitung derselben erfolgen. Die durch das UOG geschaffenen Mitbestimmungsmöglichkeiten müssen ihre logische Fortsetzung in einer Verstärkung und Verbesserung der universitären Autonomie finden.

• Bei der Gestaltung des Studienablaufes soll besonderes Gewicht darauf gelegt werden, dem Studenten am Beginn seines Studiums eine Orientierungsphase zu ermöglichen, die die Motivation zum Studium fördert, ihm eine ausreichende Information über Berufserwartung und Berufsbild gibt und ihn in die Studienwirklichkeit einführt.

• Der Schaffung von hochschuldi- daktischen Maßnahmen ist beson-

dere Aufmerksamkeit zu schenken. Das UOG liefert hiefür bereits Ansätze (Schaffung von Abteilungen für Hochschuldidaktik).

• Die finanziellen Engpässe in der Wissenschaftspolitik sowie die personellen und räumlichen Schwierigkeiten an den Universitäten verlangen, daß man sich auch bei jeder Maßnahme der materiellen Studienreform genau der „Folgekostenproblematik” bewußt ist. Eine mehrjährige Finanzplanung im Zusammenhang mit jeder gesetzgeberischen Aktivität auf diesem Gebiet ist daher eine Voraussetzung, um der Studienreform ein höheres Maß an Glaubwürdigkeit zu geben. Das zweifellos berechtigte Postulat nach mehr Freiheit des Studenten bei der Gestaltung seiner Studien kann nur im Zusammenhang mit einer Kapazitätsausweitung der Universitäten gesehen und diskutiert werden.

• Bei jeder Studienreform ist zu beachten, daß die Forschungsmöglichkeiten der Universitäten nicht noch weiter eingeschränkt werden, sondern daß vielmehr ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Lehre und Forschung möglich gemacht wird.

• Das Allgemeine Hochschulstudiengesetz soll ein Gesetz bleiben, das lediglich die Grundsätze, die für eille Universitäten gelten, normiert. Die häufig bestehenden unterschiedlichen Erfordernisse in den einzelnen Studienrichtungen verlangen in vieler Hinsicht differenzierte Regelungen in den speziellen Studiengesetzen.

(Der Autor ist Wissenschaftssprecher der ÖVP im Nationalrat)

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