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Osterreichs Universitaten sprechen fur sich selbst

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„Gebrandmarkt“ durch die Diskussion um eine Strukturreform der Universitäten in den letzten Jahren, in denen sich die Hochschulen fast ständig in der Defensive befanden, nie Zeit hatten, zu agieren, sondern immer nur reagieren konnten, greifen die Universitäten neuerdings direkt in die Diskussion um eine neue Forschungsorganisation ein. Mit einer Reihe von Maßnahmen wird die Öffentlichkeit im nächsten Jahr über die Anliegen der Universitäten zum Thema Forschung informiert werden. Pläne sind vorhanden. Was fehlt, sind „nur“ das Geld und das geeignete Instrumentarium für eine großangelegte Öffentlichkeitsarbeit

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„Gebrandmarkt“ durch die Diskussion um eine Strukturreform der Universitäten in den letzten Jahren, in denen sich die Hochschulen fast ständig in der Defensive befanden, nie Zeit hatten, zu agieren, sondern immer nur reagieren konnten, greifen die Universitäten neuerdings direkt in die Diskussion um eine neue Forschungsorganisation ein. Mit einer Reihe von Maßnahmen wird die Öffentlichkeit im nächsten Jahr über die Anliegen der Universitäten zum Thema Forschung informiert werden. Pläne sind vorhanden. Was fehlt, sind „nur“ das Geld und das geeignete Instrumentarium für eine großangelegte Öffentlichkeitsarbeit

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Die Präsentation eines For-sChuragskataloges mit 3000 Forschungsarbeiten der Universität Wien durch Rektor Prof. Franz Sei-telberger bei einem Pressegespräch (vgl. FURCHE Nr. 43) war der sichtbare Beginn einer verstärkten Informationstätigkeit der Universitäten über ihre Bedeutung als Stätten der Forschung. Der Katafog der Universität Wien — andere Hochschulen werden einen solchen in den nächsten Monaten vorlegen — soll die hervorragende Stellung der Universitäten in der Forschung und die Notwendigkeit der Einheit von Forschung und Lehre ebenso dokumentieren wie den Beginn einer offensiven Öffentlichkeitsarbeit unserer Hochschulen verdeutlichen.

Österreichs hohe Schulen sind zweifellos im Gespräch. Blickt man in die Zeitungen, vergeht kein Tag, an dem nicht etwas über Hochschulen, Professoren, Studenten oder das zuständige Ministerium zu finden wäre. Nicht immer igt es positiv. Nicht immer ist es richtig. Aber: die Öffentlichkeit kann sich über einen Mangel an Nachrichten aus dem Bereiche der Hochschulen nicht beklagen. Dies war nicht immer so.

Noch vor etwa 15 Jahren fehlte einerseits die Bereitschaft der Universitäten und ihrer Angehörigen, an die Öffentlichkeit zu gehen, anderseits waren auch die Massenmedien nicht sehr bereitwillig, über die Wissenschaft zu berichten. Die österreichischen Zeitungen waren damals — das gilt leider vielfach auch noch heute — zu klein, um sich etwa wie deutsche oder amerikanische Medien einen eigenen Wissenschaftsredakteur leisten zu können. Wissenschaftspolitik und Berichte aus der Wissenschaft wurden und werden „nebenbei“ erledigt.

Erstaumlicherweise gab es aber in den letzten Jahren trotzdem einen für Österreich fast gigantisch anmutenden Aufschwung bei der Berichterstattung über die Wissenschaft. Die Universitäten, obgleich ohne Pressestellen, haben erkannt, daß der Steuerzahler ein Recht besitzt, zu wissen, was an der Universität geschieht. Die Journalisten — oft in lobenswerter Eigeninitiative — haben das interessante Feld der Wis-senschaftsfoeriehterstattung entdeckt und widmen sich diesem. Wesentlich unterstützt hat diese Entwicklung zweifellos der 1965 gegründete „Informationsdienst für Bildungspolitik und Forschung“ (ibf), der als Nachrichtenagentur kein Ersatz für universitäre Pressestellen sein kann (und will), der aber in seinen Publikationen die Öffentlichkeit durch geübte Journalisten kontinuierlich über Anliegen der Wissenschaft informiert. An der ständigen Aufwärtsentwicklung der Wissenschaftsbe-richterstattung darf sich auch die „österreichische Hochschulzeitung“ beteiligt fühlen, die seit 1949 Nachrichten aus dem Hochschulbereich verbreitet und sich besonders der Information innerhalb der österreichischen Universitäten widmet.

1970 sah es fast so aus, als würden Österreichs Hochschulen eine Einrichtung erhalten, die es bei unseren Nachbarn schon lange vorher gegeben hat: Pressestellen. In einem Entwurf zum Universitätsorganisa-tions-Gesetz hatte das Wissenschaftsministerium solche zunächst vorgesehen, um sie dann allerdings ersatzlos zu streichen. Einzelne Universitäten bemühten sich um die Errichtung solcher Stellen. Unterstützung fanden sie bei Europas Wissenschaftsjournalisten, die bei einer Tagung 1974 in Salzburg Pressestellen für Hochschulen als „unerläßlich“ bezeichneten. 1975 aber verbot das Wissenschaftsministerium die Aufnahme von Bediensteten für Öffentlichkeitsarbeit. Eine langsame,. alber ständige Aufwärtsentwicklung war somit abrupt unterbrochen.

Es mag für Viele überraschend gewesen sein, daß die Universitäten :— obgleich das Ausmaß der Öffentlichkeitsarbeit weiterhin dem Gutdünken des Rektors überlassen war — diese Aktivitäten beibehielten, ja sogar vielfach verstärkten. Man hatte erkannt, wie wichtig eine ständige Information der Öffentlichkeit ist. Mit der Mitteilung von Geburtstagen, Todesfällen und Ehrungen allein kann man keine Wünsche und Anliegen an die Öffentlichkeit tragen.

Persönliche Kontakte zu Journalisten, Pressegespräahe, Presseaussendungen, Pressefahrten, Tage der offenen Tür und andere • Public-Re-lations-Mittel .gehören fast schon zum „täglichen Brot“ eines Rektors. Selbst die eingerosteten Kontakte innerhalb der Universitäten werden seit zwei Jahren mittels interner Informationsblätter an einzelnen Hochschulen systematisch wieder in Gang gebracht

Freilich geben Aktivitäten auch Grund zur Kritik, so auch die Öffentlichkeitsarbeit der Universitäten: Unter Öffentlichkeitsarbeit wird fast ausschließlich die Pressearbeit verstanden. Public Relations beispielsweise zu den Politikern, zu Vertretern der Wirtschaft, der Industrie sind mehr zufällig als geplant. Darüber hinaus müßten die Angehörigen der Universitäten über die Bedeutung der Öffentlichkeitsarbeit informiert werden. Einen Anfang macht hier demnächst die österreichische Rektorenkonferenz mit einem Seminar für akademische Funktionäre zum Thema PR. Die Universitäten müßten femer den Journalisten Gelegenheit bieten, ihr Fachwissen vergrößern zu können. In der UOG-Diskussion haben die Rektoren der Wiener Universität Informationsveranstaltungen für Journalisten mit großem Erfolg durchgeführt.

Es gäbe noch eine Reihe von notwendigen Vorschlägen, die freilich nur mit vollwertigen Public-Rela-tions-Stellen realisierbar wären.

Feststeht, daß die Universitäten gerade in einer Zeit der wirtschaftlichen Rezession verstärkt um Verständnis für ihre Anliegen in der Öffentlichkeit werben sollten. Feststeht, daß die Universitäten dafür auch entsprechende Mittel benötigen. Minimalvoraussetzungen für eine verstärkte Öffentlichkeitsarbeit unserer Hochschulen zu schaffen, wäre für die Politiker selbst von Vorteil: Sie könnten leichter in der Öffentlichkeit verantworten, daß mehr Mittel in Wissenschaft und Forschung investiert werden müssen. Wie sagte doch Rektor Franz Seiteiberger bei dem eingangs erwähnten Pressegespräch? „Es wäre eine falsche Wissenschaftspolitik, wollte man in Zeiten der wirtschaftlichen Rezession bei der Forschung zu sparen beginnen.“ Er definierte auch klar das Ziel universitärer Öffentlichkeitsarbeit: „In der Öffentlichkeit muß die Einsicht und das Bewußtsein für die Tatsache verstärkt werden, daß die Universitäten die besten langfristigen Investitionsobjekte für die Zukunft darstellen.“

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