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Zwischen Dozent und Assistent

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Vor einiger Zeit hielt auf Einladung des Verbandes des wissenschaftlichen Personals der osterreichischen Hoch- schulen der President des Forschungs- rates des Schweizerischen National- fonds, Univ.-Prof. Dr. med. et phil. Alexander von M u r a 11, im GroBen Festsaal der Universitat Wien einen Vortrag fiber Aufgaben und Moglich- keiten der kleinen Staaten in der wissenschaftlichen Forschung.

Als Voraussetzungen fur die Forde- rung wissenschaftlicher Forschung nannte der Vortragende das Vor- handensein eines Mazens, eine ent- sprechende Zahl begabter Talente so- wie eine ausgesprochen wissenschaft- liche Atmosphare an den Hoch- schulen. Das Mazenatentum in der Neuzeit begann im 15. Jahrhundert mit der Unterstfitzung von einzelnen schopferischen Personlichkeiten, zu- meist Privatgelehrten auBerhalb der Universitaten, durch Fiirsten, und fand durch das teilnehmende Interesse der in den folgenden Jahrhunderten ent- stehenden Akademien der Wissen- schaften eine ideelle Unterstfitzung. Mit dem Wandel der Hochschulen zu Statten nicht nur der Lehre, sondern auch der Forschung an der Wende zum 19. Jahrhundert, der damit verbunde- nen Entwicklung der Sammlungs- kabinette zu Laboratorien, des Ein- tritts der Gelehrten in den Verband der’iLiniversitaten’’ ak’-deren’Pibfes soreBtrar-an der Staat, insbesondire ‘dessen’4’:’Unti’nchtsvenvalfuhg, ‘did ‘ Notwendigkeit heran, die Wissenschaft innerhalb der Hochschulen zu fordern, ja tragend zu unterhalten. Eine solche verwaltende Forderung muBte unver- meidlich eine auf alle Zweige der Forschung und alle in ihnen wirksamen Forscher moglichst gleichmaBig ver- teilte, gleichsam demokratische sein. Die Schaffung und Erhaltung von Forschungseinrichtungen mit grofien Apparaturen und einem reich geglie- derten Korper von Mitarbeitern konnte innerhalb der vom Staat unterhaltenen Hochschulen nicht mehr bewaltigt werden. So entstanden eigene Gesell- schaften mit zahlreichen grofien For- schungsinstituten, welche, zunachst vom Staat begrundet, aber in der Folge auch von privatem Kapital gefordert, den besonderen Forschungsaufgaben und der Gewinnung geeigneter For- scherpersonlichkeiten Raum geben konnten, und als Zentren finanzieller Forderung wissenschaftlicher Arbeiten und begabter Talente hierffir Vereini- gungen, wie die Notgemeinschaft der Deutschen Wissenschaft, jetzt Deutsche Forschungsgemeinschaft, der Stifter- verband ffir die deutsche Wissenschaft und der Schweizerische Nationalfonds zur Forderung der wissenschaftlichen Forschung.

Begrenzung im kleinen Staat

An den Beginn seines Vortrages hatte Professor von Muralt die ein- druchsvolle These gestellt, dafi die industrielle Verflechtung aller Staaten heute so groB sei, daB kein Staat aus- treten konne. Die Pflicht zur Forde- rung der wissenschaftlichen Forschung gilt demnach auch ffir kleine Staaten. Welcher Art aber sind die Moglich- keiten ffir sie? Der Staat kann hier noch weniger als in grofien Landern die Aufgabe des Mazens zur Ganze iibernehmen, weil die Mittel des hierffir eingesetzten Budgets auch bei weitgehenden Anstrengungen nicht ausreichen; der Staat kann auch nicht individuell nach. Forschungsvorhaben und Forscherpersonlichkeiten fordern, er muB zumal innerhalb der Univer- sitaten seine Betreuung grundsatzlich gleichmaBig aufteilen. Auch die Ein- richtung groBer Forschungsinstitute nach Art der Max-Planck-Gesellschaft ist namentlich in kleinen Staaten kein gangbarer Weg. Eine allzu groBe Aus- weitung _ der Errichtune selbstandiger ForschttninStitufe wSre fiberdies auch nicht ohne Gefahr ffir die Hoch- schulen, indem sie die Krafte beson- derer Begabungen an sich ziehen und so dem Unterricht der Hochschulen entziehen wfirde. Vor allem aber kann ein kleines Land nicht fiberall mit- machen, wo neue Forschungszweige mit Institutionen grofiten AusmaBes ihre Forderungen amnelden.

Was aber auch kleinen Landern moglich sein muB, ist die Forderung der einzelnen Begabungen und ihrer Arbeit. Der Weg hierzu liegt in der Einrichtung eines Forschungsrates nach Art des Schweizerischen Nationalfonds zur Forderung der wissenschaftlichen Forschung. Er hat seine Mittel dort einzusetzen, wo wissenschaftliche For- schungsarbeiten aus anderen Quellen nicht genfigend finanziert werden konnen. Er setzt sich daher die Forderung besonderer Begabungen durch Unter- stfitzung ihrer Arbeiten zu seinem Hauptziel. Aber er muB hierbei weiter- greifen: er soil auch MaBnahmen er- greifen, um solche Begabungen zu finden und richtig zu fordern. Die derzeitigen MaBnahmen reichen nicht aus und sind auch nicht immer sehr zweckmafiig. Das beginnt (nach An- sicht Dr. Muralts) schon mit dem Stipendienwesen auf den Gymnasien; Manche Eltern scheuen eine solche Form der Unterstfitzung, und der Nationalfonds sucht daher durch Ver- leihung von Preisen die Aufmerksam- keit der Eltern auf etwaige Begabungen ihrer Kinder zu lenken. 1st dann ein solches Talent auf die Hochschule gebracht, so hindert die grofie Zahl der Studierenden den engeren Kontakt zwischen Professoren und Schulern, und so die richtige Forderung vor- handener Talente. Die Vermehrung der Lehrkanzeln, wenn auch an vielen Hochschulen notig, kann hier allein nicht Abhilfe schaffen. Was im Per- sonalaufbau der Hochschulen fehlt, ist die mittlere Schichte zwischen dem jungen Doktor und Assistenten und dem Professor. Der junge Doktor, der Assistent, der Dozent sollten die Mog- lichkeit haben, in eine Gruppe mit relativ selbstandigem Wirkungskreis in der Ffihrung der Studierenden und mit gesichertem Auskommen und Ruhegenufi aufzurficken. Was endlich noch dazukommen mufi, ist das, was Dr. Muralt als eine ..ausgesprochen wissenschaftliche Atmosphare an den Hochschulen” bezeichnet: namlich das Bestreben, alles dem Sinn der Wissenschaft unterzuordnen, die Bereit- willigkeit zur Forderung aufstrebender Krafte und ihrer Vorhaben, auch scheinbar „zunachst hoffnungsloser Plane” in den Institutionen und durch ..groBzfigige Chefs”.

Ffir ein kleines Land ist der For- schungsrat die zentrale Geldquelle. Die Forderung geschieht durch For- schungsbeitrage ffir wissenschaftliche Apparaturen, Hilfskrafte, Reisen, tech- nische Beihilfen; durch Nachwuchs- beitrage, wie Stipendien an begabte junge Forscher, um sie mehrere Jahre fiber den AbschluB der Studienzeit bei der Wissenschaft zu halten, zumal gegeniiber den Lockungen der Wirt- schaft; durch Publikationsbeitrage, namentlich ffir Arbeiten auf den Ge- bieten der Geisteswissenschaften, nicht nur um den Verfassern zu helfen, sondern auch die Verkaufspreise der Bficher zu senken und so ihre Er- werbung auch den Studierenden zu er- moglichen; durch personliche Bei- trage, indem dem Etat der Hochschule zusatzliche Mittel ffir Professuren ad personam gegeben werden, was namentlich ffir solche Diszinlinen, die auf Grenzgebieten auBerhalb der tra- ditionellen Fachgliederung liegen, von Bedeutung ist.

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