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Der Schweizer Nationalfonds

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Auf einer zehntägigen Studienreise durch die Schweiz wurde einer- Gruppe von österreichischen Journalisten Gelegenheit geboten, wichtige wissenschaftliche und wirtschaftliche Einrichtungen kennenzulernen. Der nachfolgende Aufsatz ist einer Neugründung gewidmet, die nicht nur für die Schweiz Bedeutung gewinnen könnte.

Es mutet den aus Oesterreich kommenden Wissenschaftler merkwürdig an, wenn er im ersten Tätigkeitsbericht über die Gründung des Nationalfonds liest, daß man in der Schweiz erkannt habe, „wieviel in anderen Ländern für die Entwicklung der wissenschaftlichen Forschung geleistet wurde und wie sehr die Schweiz gegenüber diesen Ländern in Rückstand zu kommen drohte ... Wissenschaftler, die mit einem Gefühl der Machtlosigkeit zusehen mußten, wie ihre ausländischen Kollegen unter ungleich günstigeren Bedingungen ihre Arbeiten vortreiben konnten, zählen auf Erleichterung“.

Sicher waren die Blicke desjenigen, der diese Feststellungen traf, auf die westlichen Nachbarländer gerichtet. Doch soll nicht verkannt werden, daß in einem so kleinen Lande wie der Schweiz, mit seiner ausgesprochen föderalistischen Struktur und Mehrsprachigkeit, mit seinen regionalen, kantonalen und konfessionellen Unterschieden ein Bedürfnis nach einem gewissen „zentralistischen“ Gegengewicht bestand und man — zum erstenmal — den Versuch unternehmen will, die wissenschaftliche Forschung des Landes als ein Ganzes zu sehen und — unter Verzicht auf eine schlüsselmäßige Verteilung der Gelder — zu fördern.

Vielleicht wird der 1. August 1952, als im Ständeratssaal in Bern der Schweizerische N a t i o n a*l f O/n d s in feierlicher Sitzung gegründet wurde, als historisches Datum in die Geschichte der wissenschaftlichen Forschung eingehen, jedenfalls hat das Parlament durch den Bundesbeschluß den schweizerischen Wissenschaftlern ein weithin sichtbares Zeichen seines Vertrauens geschenkt, indem es einen Betrag von zunächst 330.000 Franken als Stiftungskapital zur Verfügung stellte. Die Betriebsmittel des Fonds bestehen aus den Zinsen des Stiftungskapitals, den durch Bundesbeschluß bereits zugesagten Zuwendungen der Eidgenossenschaft, den Beiträgen der Kantone und weiteren einmaligen oder regelmäßigen Zuwendungen. Die Betriebsmittel werden auf Grund eines jährlichen Voranschlages durch den Nationalen Forschungsrat verwendet, der aus neun bis elf Mitgliedern und zwei bis drei Supplenten besteht. Sieben seiner Mitglieder werden unter Berücksichtigung der Hauptgebiete der Wissenschaften aus dem Kreise der schweizerischen Wissenschaftler gewählt, zwei weitere Mitglieder werden als Vertreter des Bundes durch den Bundesrat ernannt. Der Präsident wird aus dem Kreise, der Mitglieder durch den Stiftungsrat gewählt.

Letzterer besteht aus höchstens fünfzig Mitgliedern mit persönlichem Mandat. Im Stiftungsrat sind vertreten: Die Hochschulen und wissenschaftlichen Körperschaften, der Bund und die Kantone (einschließlich der Delegierten der Konferenz der kantonalen Erziehungsdirektoren) sowie je ein Vertreter folgender kultureller und wirtschaftlicher Institutionen: Stiftung „Pro Helvetia“, Verein der Schweizer Presse, Schweizerischer Handels- und Industrieverein, Gewerbeverband, Bauernverband und Gewerkschaftsbund.

Als seine wichtigste Aufgabe betrachtet der Forschungsrat die Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses, die in Zusammenarbeit mit den Forschungskommissionen der einzelnen kantonalen Hochschulen betrieben wird. Diesen hat man für das Jahr 1953 Mittel bis zu einem Maximalbetrag von 50.000 Franken als Kredit zur Verfügung gestellt. Um die Arbeit des Nachwuchses zu leiten und zu fördern, wurde das Patensystem vorgeschlagen, wobei einzelne erfahrene Wissenschaftler die Arbeit der Studenten und jüngerer Kollegen betreuen sollen.

In erster Linie stehen die Mittel des Nationalfonds für Grundlagenforschung sowie für speziell schweizerische Forschungsaufgaben zur Verfügung: Durch Zuwendungen an innerhalb oder außerhalb der Hochschulen laufenden Forschungsarbeiten, durch Besoldung von Assistenten und technischen Hilfskräften durch Beiträge zur Anschaffung von Apparaturen und für die Veröffentlichung wertvoller wissenschaftlicher Arbeiten. Ferner können Dozenten, Assistenten und andere Wissenschaftler Stipendien für Forschungsarbeiten im In- und Ausland erhalten.

Im ersten Halbjahr seiner Tätigkeit wurden an den Forschungsrat 169 Gesuche gerichtet, von denen 99 behandelt und 27 bewilligt wurden; 53 wurden an Referenten überwiesen, 19 abgelehnt. Die bisher eingegangenen Gesuche verteilen sich auf fast alle Fachgebiete, wobei Geisteswissenschaften und Naturwissenschaften (58 und 63) die Spitze halten, denen in weitem Abstand Medizin, Soziologie, Nationalökonomie und Jurisprudenz folgen. Die hierfür angeforderten Beträge belaufen sich auf mehr als 3,5 Millionen Schweizer Franken.

Besonders hingewiesen sei auch auf einen Bericht über die Konferenz der Vorsteher europäischer Nationalfonds in Brüssel, durch Prof. A. von M u r a 11, den Präsidenten des Schweizerischen Forschungsrates, in der „Schweizerischen Hochschulzeitung“ (Revue Universitaire Suisse, herausgegeben von Dr. Eduard Fueter, 1953, Nr. 1). Darin findet sich eine Uebersicht über den gegenwärtigen Stand und den Fortschritt der Forschungsgesellschaften von Belgien, Holland, Frankreich, England, der skandinavischen Länder und der Schweiz. Nur einige Punkte der allgemeinen Aussprache seien hervorgehoben:

Die Engländer z. B. vertraten die Auffassung, daß ungewöhnliche Taleijte sich ganz

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